Predigt vom 6.8.2000  -Fest der Verklärung Jesu-

St. Severin Garching

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Prediger

Pastoralreferentin Dr. Elfriede Munk
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Thema

Verklärung Jesu  / „Mose-  und  Elija - Menschen“
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Predigt-Text

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Das Evangelium des heutigen Festes bietet viele Ansatzpunkte, die eine Predigt lohnen würden.

Ich möchte mit Ihnen jedoch bei einem Zug dieser Erzählung stehenbleiben, der den Theologen über die Jahrhunderte hinweg manches Rätsel aufgab und aufgibt: warum eigentlich erscheinen hier neben Jesus ausgerechnet Mose und Elija?

 

Mose: Ihm begegnet Gott im Dornbusch, der brennt und doch nicht verbrennt; Gott offenbart sich ihm als der „Ich-bin-da“ und beruft ihn dazu, das Volk Israel aus der Sklaverei in Ägypten herauszuführen. Nach einer langen Auseinandersetzung mit dem Pharao gelingt dies und als das Volk durch die Wüste zieht, gibt es einen der Höhepunkte dieses Auszugs: die Offenbarung der 10 Gebote am Berg Sinai,  wo Gott  zu ihm in einer Wolke spricht.

Mose erfährt Gott auf eine ganz persönliche Weise, und mit ihm verbunden ist die Offenbarung der Weisungen, mit denen Gott seinem Volk den Weg zum Leben weisen will.

 

Elija ist ein Prophet. Auch er macht eine sehr persönliche Gotteserfahrung: einmal in der Wüste, als er buchstäblich am Ende ist und Gott ihm den weiteren Weg ermöglicht („steh auf und iß, der Weg ist weit“), dann am Berg Horeb, wo er Gott nicht im Spektakulären erlebt, nicht im Erdbeben, nicht im Sturm, nein, im sanften Säuseln des Windes. Als typischer Prophet übt Elija Kritik an Institutionen, in diesem Fall am Königtum, weil es seinen Auftrag, Leben zu schützen, wie Gott es verlangt, nicht erfüllt.

 

Mose steht also einerseits für die Einrichtung von Ordnungen und Institutionen – Elija steht andererseits für die Kritik an diesen, wenn sie ihre Aufgabe nicht erfüllen.

Beides ist von Gott gegeben, beides ist von tiefer Gotteserfahrung getragen, beides steht im Dienste des Lebens, das Gott für den Menschen wünscht.

 

Kommen wir zurück auf die Verklärung Jesu: Elija und Mose reden mit ihm – das kann ein Bild sein dafür, daß Jesus beides in sich vereint:

-          er ist nicht gekommen, das Gesetz des Mose aufzuheben, so sagt er ausdrücklich;

-          er ist gekommen, um den Geist des Gesetzes wieder lebendig zu machen, aus innerster, innigster Erfahrung Gottes heraus: „ich aber sage euch...“

 

 

Was kann das für uns heute heißen?

Wir finden beide Menschentypen, Glaubenstypen in Kirche und Gemeinde, für die Mose und Elija stehen. Ich nenne sie einmal die Mose-Menschen und die Elija-Menschen:

-          Für die Mose-Menschen sind Strukturen, Ordnungen, Regelungen besonders wichtig und sie bestehen nachdrücklich auf deren Einhaltung; alles muß seine Ordnung haben, man muß sich der Autorität unterordnen.

-          Die Elija-Menschen leben aus der Autorität der persönlichen Erfahrung, die sie oft höher stellen als die gegebene Autorität.

Wenn man es etwas vereinfacht auf den Punkt bringen will: Es geht den einen um die äußere, den anderen um die innere Autorität.

Das wäre ja eigentlich kein Problem, aber es wird dann eines, wenn beide meinen, alle Menschen müßten so sein wie sie. Das ist nicht so, wir wissen es alle, und ich füge hinzu: das ist auch gut so! Beide brauchen einander nämlich ganz nötig. Jede der beiden Positionen oder Erlebnisweisen hat nämlich auch ihre Gefahren:

-          Elija-Menschen sind in der Gefahr, ich sage es einmal etwas flapsig, den eigenen Vogel für den Hl. Geist zu halten und die Gemeinschaft aus dem Blick zu verlieren, sie sind in Gefahr, das Überlieferte und Bewährte zu mißachten und allzu schnell beiseite zu schieben. Sie brauchen die Mose-Menschen, die sie aufmerksam machen, wo Bewährtes ohne Not zurückgelassen wird, sodaß Leben nicht mehr ausreichend bewahrt wird.

-          Mose-Menschen sind umgekehrt in der Gefahr, das Bewährte für unüberholbar zu halten und den neuen Anforderungen, die die Veränderungen des menschlichen Lebens mit sich bringen, nicht gerecht zu werden, das zu mißachten, wozu sie neu gerufen sind aufzubrechen. Sie brauchen die Elija-Menschen, die sie aufmerksam machen, wo Veränderung angesagt ist, wo es nicht so weitergehen kann, weil sonst Leben in seiner Entfaltung und Fülle gefährdet ist.

Beiden geht es um Leben, beiden geht es darum, daß Leben gelingt, beides kann sich auf Gott berufen - aber eben niemals alleine.

 

Um ein Beispiel zu nennen, wie das konkret aussehen kann: es ist gerade heute naheliegend, an die Predigtregelung zu denken. Es gab und gibt bei uns

-          Elija-Menschen, die sich fragen: warum soll etwas, was uns gutgetan hat, nun nicht mehr gut sein und nicht mehr in Ordnung? Für sie gilt klar die innere Autorität der eigenen Erfahrung.

-          Mose-Menschen, die sagen: man muß sich an das halten, was der Bischof sagt, an das, was von der äußeren Autorität kommt.

Beide brauchen einander, denn:

-          sonst macht eine Gemeinde nur noch, was ihr gerade richtig scheint, nach Lust und Laune und alle paar Jahre kann das wieder anders aussehen; bzw.:

-          sonst wird womöglich etwas beschnitten, was die Gemeinde für ihre Lebendigkeit braucht.

Beiden – ich sage es noch einmal - geht es um den Weg zum Leben, um den Weg zu Gott.

Was uns bisher gefehlt hat (und dazu habe auch ich meinen Teil beigetragen): das Gespräch miteinander, zwischen den beiden.

 

Unabhängig von diesem konkreten Beispiel – es gäbe noch genügend andere – heißt das heutige Evangelium mit Jesus, Mose und Elija für mich:

-          Es ist eine Einladung, meine eigene Einstellung genauer anzuschauen, sie kennenzulernen und auch ihre Grenzen und Gefahren zu sehen.

-          Es ist eine Einladung anzuerkennen, daß andere Menschen anders sind als ich und anderes brauchen als ich.

-          Es ist eine Einladung zu tiefer Achtung sowohl des Eigenen als auch des Anderen, also der Gewißheit, die aus dem Inneren kommt, und der Gewißheit, die von außen gestützt wird.

-          Es ist eine Einladung zu einem Gespräch, ja vielleicht auch zu einem Ringen miteinander um das, was dem Leben aller dient.

Und dazu brauchen wir einander ganz nötig, um uns nicht in etwas zu verrennen.

 

Wenn wir uns auf diese Weise einladen lassen und uns darum mühen, um diese Selbsterkenntnis, um den Respekt voreinander und um das Gespräch miteinander, dann sind, denke ich, die Chancen gut, den Weg zu finden, der mehr Leben für alle bringt – aber, und das ist mir auch ganz wichtig zu betonen:

Es ist etwas, das wir Menschen nicht machen können – mehr Leben bleibt immer ein Geschenk Gottes, um das wir nur bitten und beten können.

Gemeinsam.

Amen.

Dr. Elfriede Munk, Garching St. Severin

 

 

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