Predigt vom 14. Juni 2001 (Fronleichnam)

St. Severin Garching

[Zurück zu Predigten/Sakramente] 
Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
Eucharistie - Fronleichnam 2001
Predigttext

Fronleichnam 2001  (zu 1 Kor 11,23-26)

Sonntag für Sonntag, ja Tag für Tag erklingen die Worte Jesu aus dem Abendmahlssaal, wie wir sie vorhin auch in der Lesung gehört haben, in unseren Eucharistiefeiern: „Nehmt und esst. Das ist mein Leib...; nehmt und trinkt, das ist mein Blut.“

Der Vorwurf, das sei oder das höre sich zumindest so an wie Kannibalismus (oder gar Vampirismus) ist in Vergangenheit und Gegenwart so manches Mal erhoben worden. Zuletzt hatte sich übrigens die Vorbereitungskommission für das Feierabendmahl, das im Rahmen des evangelischen Kirchentages in über 120 evangelische Gemeinden stattfand, in bezug auf das katholische Eucharistieverständnis im Sinne dieser Kritik geäußert. In einem Kommentar zu dieser Feier schrieb man: „Wir lassen die Vorstellung, Fleisch zu essen und Blut zu trinken, endgültig hinter uns.“ Daher fühlte man sich auch bemüßigt, die Einsetzungsworte Jesu durch eine neue Formulierung zu ersetzen. Aufgrund heftigster auch innerevangelischer Kritik, und weil man damit auch das lutherische Abendmahlsverständnis eindeutig hinter sich ließ, ist die Kirchentagsleitung inzwischen auf Distanz zu diesem Text gegangen und hat auch die originalen Einsetzungworte Jesu für die Feier vorgesehen.

Doch die Frage, die sich hinter diesen Vorgängen verbirgt, bleibt: Was meinte Jesus eigentlich wirklich, als er über dem Brot sagte: „Das ist mein Leib“; und über dem Wein: „Das ist mein Blut.“?

In aller Kürze der Versuch einer Klärung:

Das erste und wichtigste ist: Mit „Leib“ ist hier selbstverständlich nicht nur ein Teil des Menschen bzw. Jesu gemeint, nämlich der materiell-körperliche im Unterschied zu Seele und Geist. In diese Dreiheit teilte die griechische Philosophie den Menschen auf. Nach biblischer Sprechweise meint Leib immer die ganze Person. Leib meint, anders ausgedrückt, den ganzen Menschen, insofern sich ja all unser Denken, Reden, Tun, Freuen, Erleiden, kurz: unser ganzes menschliches Leben eben in einem Leib vollzieht.

Wenn Jesus daher sagt: Das ist mein Leib für euch, dann sagt er mit anderen Worten: Ich vermag das Wunder zu wirken, dass ich euch unter dem Zeichen des Brotes meine ganze gott-menschliche, personale Gegenwart schenke.

Die Wandlung geschieht daher natürlich nicht auf der physikalischen, chemisch untersuchbaren Ebene. Auf dieser bleibt die Brotgestalt erhalten. Sie geschieht auf der den Sinnen entzogenen und nur dem Glauben zugänglichen Ebene der Wesensverwandlung. Hier verfügt Christus sich und sein auf Erden gelebtes Leben so in diese Brotgestalt hinein; Er erfüllt dieses materielle Substrat so mit seiner Gegenwart, dass Er mit Recht sagen kann. „Das ist mein Leib.“ D.h: Das bin ich. Mag es für Ungläubige Torheit sein. Der Gläubige glaubt: das Bei-uns-sein-Wollen Jesu Christi vermag dies.

Bis zu diesem Punkt sind sich gläubige katholische und gläubige lutherische Christen einig. Luther hatte mit der ihm eigenen Leidenschaft gegen andere Reformatoren für die wahre Gegenwart Jesu in, mit und unter dem Brot gestritten. Der Unterschied zur katholischen Auffassung bricht da auf, wo wir sagen: Die einmal geschenkte leibhaft-personale Gegenwart nimmt Christus nicht mehr zurück. Er ist nicht wie einer – um es in einem Bild auszudrücken - der den Blumenstrauß, den er zur Feier mitgebracht hat, am Ende wieder heimträgt. Vielmehr gilt: Die geschenkte Gegenwart in der heiligen Hostie bleibt geschenkt. Und das ist der Grund, warum in katholischen Kirchen das ewige Licht brennt; warum die in der Messfeier  übriggebliebenen Hostien im Tabernakel (übersetzt: im Zelt Gottes unter den Menschen) aufbewahrt werden; warum wir die Kirche mit einer anbetenden Kniebeuge betreten und verlassen; und warum wir den eucharistischen Herrn an Fronleichnam, uns von Ihm segnen lassend, durch die Straßen unserer Städte und Dörfer geleiten.

Was hat es nun noch mit dem Wort: „Das ist mein Blut“ auf sich, das viele sicher als besonders  schwierig empfinden? Wenn Christus schon ganz im Brot gegenwärtig ist, warum dann noch dieses schwer zugängliche zweite Zeichen? Kann es noch etwas hinzufügen?

Ja, es kann, es fügt etwas hinzu, nämlich den - Tod, Seinen Tod.

Was heißt das? Auch hier meint das Wort Blut natürlich nicht einfach nur einen Teil des Menschen, nämlich das, was durch unsere Adern fließt. Nein, es meint im Tiefsten ein Ereignis.

Für den Juden ist Blut der Sitz des Lebens. Und daher steht es als vergossenes Blut für den gewaltsamen Tod; hier für das Ereignis des Schmachtodes Jesu am Kreuz. Das Blut bezeichnet daher auch nicht eine andere Weise der Gegenwart Jesu, so als sei hier nur sein Blut gegenwärtig; das wäre absurd. So wie im Brot ist Er auch im Wein ganz als Er selbst personal anwesend. Wohl aber bedeutet es ein weiteres Zeichen dafür, dass uns in der Eucharistie auch die Gegenwart des Todes Jesu, seines Todes für uns und zur Vergebung unserer Sünden, geschenkt ist. (Das ist auch der Grund, warum zu jedem Altar ein Kreuz gehört, um dies zu versinnbildlichen.) Und daher ist es durchaus bedauerlich, dass die Gläubigen in der katholischen Liturgie - übrigens erst seit dem 12. Jahrhundert - die Gegenwart Jesu nur unter einer Gestalt, nämlich der des Brotes, empfangen. Dies ist zwar nicht eine Verkürzung eben dieser seiner Gegenwart. Diesbezüglich gibt es natürlich kein Mehr oder Weniger. Wohl aber ist es eine Verkürzung der Zeichen, unter denen er uns seine Gegenwart als Lebend-gestorben-Auferstandener gewähren will. Und daher möchte ich zukünftig an jedem Donnerstag, dem Einsetzungstag der Eucharistie, denen, die möchten, die heilige Kommunion unter beiden Gestalten reichen.


Liebe Gemeinde!

Eucharistie – Geschenk des Leibes und Blutes, des Lebens und Sterbens, der lebendigen Gegenwart des auferstandenen Herrn – dieses unverdiente Geschenk dürfen wir nun feiern, gläubig empfangen und segnend durch die Straßen unserer Stadt geleiten.

Pfarrer Bodo Windolf

Seitenanfang
© copyright    2001    WebMaster: Herbert Bauernfeind   bauernfe@t-online.de