Predigt vom 2. Dez. 2001 (1. Advent)

St. Severin Garching

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Prediger:
Priesteramtskandidat Wernher Bien


Thema: "Seid also wachsam! Denn ihr wißt nicht, an welchem Tag euer Herr kommt."
Predigttext

Jes 2,1-5: Am Ende der Tage wird es geschehen

Mt 24, 37-44: Seid also wachsam! Denn ihr wißt nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.

Advent: stimmungsvoll

Liebe Schwestern und Brüder, es ist wieder Advent!
Für viele ist der Advent die schönste und stimmungsvollste Zeit im Jahr.
·   Überall fangen die Menschen an, ihre Wohnungen mit Adventskränzen, Strohsternen und Gestecken zu schmücken.
·   Die Kinder bekommen einen Adventskalender, an dem sie die Tage bis Weihnachten abzählen können
·   und viele warten schon gespannt auf den Nikolaus, der ein erster Vorbote des Christkindes ist.

Eben war ich im Familiengottesdienst in Hochbrück, und wie ich da die Kinder gehört habe, wie sie mit ihren Blockflöten die Weihnachtslieder begleitet haben, da wußte ich: Jetzt ist wieder Advent.

Sehnsucht nach einer heilen Welt

Ich glaube, was die Adventszeit für uns so wertvoll macht, ist, dass sie uns etwas von unseren großen und tiefen Sehnsüchten erfahren läßt.
·   Die Sehnsucht nach Geborgenheit, die wir erfahren, wenn wir bei Kerzenschein und Plätzchen in der warmen Stube sitzen, während draußen der Schnee fällt.
·   Wir spüren etwas vom Frieden, wenn wir uns im Familienkreis einträchtig zusammensetzen und vielleicht sogar zusammen Weihnachtslieder singen.
·   Und wenn wir uns auf die Geburt des Jesuskindes freuen, dann drückt das die Sehnsucht nach einer heilen Welt aus, eine Welt, in der ein Kind den Frieden bringen kann.

Die Welt wird nicht heiler

Wird unsere Sehnsucht nach einer heilen Welt  Erfüllung finden?
Oder handelt es sich dabei um eine fromme Flucht vor der harten Wirklichkeit?
Nüchtern betrachtet sieht es ja eher so aus, als ob die Welt immer unheiler würde:
·   Immer mehr Menschen vermissen die Geborgenheit einer Familie: Kinder, die in zerrütteten Elternhäusern leben müssen, Erwachsene, die als Singles oder in wechselnden Partnerschaften leben, einsame Alte, um die sich niemand kümmert.
·   der gegenwärtige Anti-Terror-Krieg, so notwendig er sein mag, scheint nicht gerade Frieden auf die Erde zu bringen,
·   und unser Weihnachtsfest selbst wird immer mehr ausgehöhlt: Der heilige Nikolaus wird immer mehr durch diesen schrecklichen Weihnachtsmann ersetzt, und oft sind für uns die Geschenke so wichtig, daß wir darüber das eigentliche Geschenk fast vergessen: Daß Gott uns seinen Sohn schenkt.

Worauf können wir also unsere Hoffnung auf eine heile Welt gründen?

Evangelium: Das Heil kommt von Gott

Eine Antwort auf diese Frage kann uns das heutige Evangelium geben. Jesus selbst scheint ja gar nicht damit zu rechnen, daß die Welt immer besser, immer heiler wird, bis sie irgendwann so gut ist, daß sie sozusagen von selbst in das Reich Gottes übergeht.

Ganz im Gegenteil: Unsere Erlösung, das Kommen des Menschensohnes, wird so sein wie in den Tagen des Noach, als die Menschen aßen und tranken und heirateten… und überhaupt nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte.

Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen
und von zwei Frauen, die mit derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen.

Unser Heil, unsere Erlösung ist eben nicht ein allgemeiner Zustand der Welt, der sich immer mehr verbessern soll, und zur Zeit leider anscheinend verschlechtert.

Nein, unser Heil ist eine Person: Jesus Christus, der Heiland, der auf uns zukommt, der wiederkommen und die Welt erlösen wird am Ende der Tage.

Die frühen Christen haben damit gerechnet, daß das Ende der Welt sehr bald eintreten würde. Sie haben sich damit zwar faktisch geirrt, denn nun sind schon zweitausend Jahre seit Jesus vergangen und die Welt steht immer noch. Aber sie hatten die richtige Glaubenshaltung: Sie haben sich bemüht, immer bereit zu sein für die Wiederkunft Christi.

Und wenn jemand so bereit ist, Jesus zu empfangen, dann kann Jesus auch bei diesem Menschen ankommen.

·   Da lebte etwa im dritten Jahrhundert ein junger Mann, Antonius, der ließ sich ansprechen von Jesu Wort:
Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen… dann komm und folge mir nach!

An diesem Mann erfüllte sich Jesu Wort:
Einer wird mitgenommen und der andere zurückgelassen.
Er verkaufte seinen großen Reichtum und lebte fortan als Einsiedler in der Wüste – er wurde Antonius der Große, einer der Begründer des Mönchtums.

·   Daß Gott auf mich zutritt, habe ich selbst auch in meinem Leben erfahren. Nach dem Theologiestudium wollte ich mir erst noch einmal gewissermaßen aus der Distanz überlegen, ob ich wirklich Priester werden will und habe ein Zweitstudium in Informatik begonnen. Irgendwann ist mir dann plötzlich klar geworden, daß Gott mir viel näher ist, als ich gedacht hätte, daß ich ihn nicht so einfach auf Distanz halten darf. Da habe ich dann mein Zweitstudium abgebrochen und bin für ein intensives religiöses Jahr auf die Philippinen gefahren – und dort habe ich meine Berufung wiedergefunden.

Gott empfangen im Glauben

Wie können wir nun in dieser Adventszeit Gott empfangen, ihn bei uns ankommen lassen? – Es ist ja nicht der Normalfall, daß jemand alles verläßt und irgend woanders hingeht.

Ich denke, die wichtigste Weise, wie Gott bei uns ankommt, ist der Glaube. Schon die frühen Kirchenväter haben gewußt, daß Glaube nicht etwas ist, was wir selbst hervorbringen können. Glauben, einen festen Stand in Gott haben, das können wir nur, weil Gott selbst in uns ist. Damit ist der Glaube die Weise, wie Gott in uns wohnt.

Ich denke, wir können gar nicht genug wertschätzen, was für ein unschätzbar wertvolles Geschenk unser Glaube ist. Glaube ist eben nicht eine defizitäre Form des Wissens, sondern im Glauben ragen wir hinein in das Wesen Gottes, haben Anteil am göttlichen Leben. Der Glaube ist eine Kraft, die uns unsere irdische Beschränktheit durchbrechen läßt:

·   Der Einsame spürt: Ich bin nicht allein, dann Gott ist bei mir.

·   Der Versager erfährt: Gott vertraut auf mich – sonst hätte er mich ja nicht erschaffen.

·   Im Glauben empfangen wir die Eucharistie nicht als ein Stück Brot, sondern als das, wozu sie Gott macht: Seinen Leib, durch den er uns mit sich verbindet.

Jesus sagt: Wer glaubt, hat ewiges Leben!

Glauben nähren durch Glaubensakte

Der Glaube ist so ein kostbares Geschenk, daß wir uns um jeden Preis bemühen sollen, ihn zu schützen und zu nähren – so wie eine Mutter ihr neugeborenes Kind schützt und nährt. Dies können wir tun, indem wir Werke des Glaubens tun:

·   Wenn ich mit jemand überhaupt nicht zurechtkomme, kann ich mir immer wieder vorsagen, daß auch dieser Mensch ein Kind Gottes ist und dann hartnäckig suchen, bis ich gute Seiten an ihm finde und ihn wertschätzen kann.

·   Wenn ich Geschenke besorge, kann ich dies tun, um dem anderen eine echte Freude zu machen und ihn somit teilhaben zu lassen an meiner Freude darüber, daß Gott sich mir schenkt.

·   Überhaupt kann ich die ganze adventliche Betriebsamkeit, Gestecke basteln und Plätzchen backen als Vorbereitung auf das Kommen Jesu betreiben: Ich richte alles schön her, weil ich einen lieben Gast erwarte.

Wenn ich so den Glauben nähre, wenn ich mich bereithalte für das Kommen Jesu, dann kann er auch in meinem Leben ankommen.

Und dann wächst in mir die Gewißheit, daß nicht diejenigen recht haben, die beklagen, daß die Welt immer kälter wird, daß die Vision des Propheten Jesaja nicht bloß ein frommer Wunsch ist, sondern der Plan, den Gott mit unserer Welt durchführen wird:

Am Ende der Zeiten wird es geschehen:

Der Berg mit dem Haus des Herrn wird fest gegründet stehen als höchster der Berge.

Und alle Völker werden zu ihm strömen. Amen.


Wernher Bien

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