Predigt vom 11. Nov. 2001  (32. Sonntag)) 

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
Auferstehung
Predigttext

32. Sonntag im Jahreskreis .Lj. C      2001
2 Makk 7,1-2.7a.9-14; Lk 20, 27-38

Bodo Windolf: Auferstehung


Wer waren die Sadduzäer, die mit dieser grotesk konstruierten Heiratsorgie einer Frau Jesus eine Falle stellen und den Auferstehungsglauben lächerlich machen wollten? Unter den vier Hauptgruppierungen des damaligen Judentums, also unter den Pharisäern, Zeloten und Essenern kann man, wenn man so will, die Gruppe der Sadduzäer als die der Traditionalisten, in einem gewissen Sinn als die Fundamentalisten der damaligen Zeit bezeichnen. Denn sie anerkannten nur die Tora, d.h. die ersten fünf Bücher Mose, und sie lehnten alles ab, was darin nicht ausdrücklich bezeugt ist, also jede Art des Glaubensentwicklung; unter anderem eben den Glauben an die Auferstehung.

Dieser Glaube stammt in der Tat aus einer sehr späten Zeit des Judentums. Die Makkabäerbücher – geschrieben um 160 v.Chr. –  aus denen wir vorhin in der Lesung einen Abschnitt gehört haben, gehören zu den ganz wenigen Zeugnissen eines alttestamentlichen Auferstehungsglaubens. Zuvor war eine solche Hoffnung gar kein Thema. Alle Hoffnung des gläubigen Juden  war auf das Diesseits gerichtet, auf ein gesundes, wohlhabendes, langes, erfülltes und mit Kindern gesegnetes Diesseits. Der Tod bedeutete dagegen definitiven Ausschluss aus dem Bereich der Glücksfähigkeit; denn er war gleichbedeutend mit dem Ausschluss aus dem Bereich Gottes. Er gilt natürlich nicht als Vernichtung, denn der Tote existiert weiter, führt aber nur noch ein nichtiges Schattendasein in der Scheol. In sie muss er hinabsteigen. Und diese Scheol ist ein Ort restloser Freudlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Einsamkeit, Kommunikationslosigkeit; denn Jahwes Anwesenheit reicht nicht bis zu ihr hinab. Sie ist der Ort, wo Gott einfach nicht ist. Ps 88 und Jesaja drücken die ganze Trostlosigkeit und Gottferne der Scheol so aus: „An sie (die Toten) denkst du nicht mehr, sie sind deiner Hand entzogen.“ „Ja, in der Unterwelt dankt man dir nicht, die Toten loben dich nicht, wer ins Grab gesunken ist, kann nichts mehr von deiner Güte erwarten.“

Nun hat sich gegen diese zunächst selbstverständlich hingenommene absolut trostlose Jenseitsvorstellung über Jahrhunderte hinweg allmählich in Israel  doch eine Auferstehungshoffnung ihren Weg gebahnt. Wie kam es dazu?

Wo sich alle Glaubenshoffnung auf das Diesseits richtet, muss geradezu die Überzeugung entstehen: Lebst du gut, dann geht`s dir auch gut, und zwar hier und jetzt; das heißt: dann schenkt dir Jahwe ein schönes Leben. Lebst du dagegen schlecht, dann geht`s dir auch schlecht. 

Gerade die heutige Lesung zeigt nun aber, dass diese simple Gleichung oft nicht aufgeht; dass es stattdessen das maßlose Unglück und Leid der Gerechten gibt und zugleich den Triumph der Übeltäter, der Mörder, der Ungerechten. Dieses Problem des leidenden Gerechten thematisiert im Alten Testament als erstes das Buch Hiob; das Buch Kohelet verzweifelt an dieser zu beobachtenden Tatsache und erklärt, weil der Glaube an eine jenseitige Gerechtigkeit fehlt, überhaupt alles Geschehen unter der Sonne für eitel und sinnlos.

Doch durch diese Fragen, Probleme, Krisen hindurch klärt sich auch einiges im Gottesbild Israels. Es lernt die  Konsequenzen seines Gottesglaubens tiefer zu verstehen. Denn wie sollte die universale Macht des Gottes des Himmels und der Erde im Tod eine Schranke haben können? Es bricht sich die Überzeugung Bahn: eine letzte Gerechtigkeit erfahren wir hier auf Erden nicht. Es gibt Auschwitz; es gibt den 11. September; ... Es scheint oft so, dass die Täter gegenüber den Opfern die Lachenden sind; die, die das letzte Wort haben und scheinbar Recht behalten. Doch das kann nicht sein, wenn Gott ein Gott des Rechts ist. ER ist es allein, der den Opfern zu ihrem Recht verhelfen kann; der ein Menschenleben, das durch Bosheit, Krankheit, Leid zerstört wurde, dennoch erfüllen kann; der den Gottlosen verwandeln kann.

Schauen wir von damals auf heute: Immer mehr Menschen verneinen, dass es eine Hoffnung  über dieses irdische Leben hinaus gibt. Was macht den Unterschied aus zwischen dem Glaubenden und dem Nichtglaubenden? Letzterer muss all sein Hoffen auf Glück und Erfüllung aufs Diesseits setzen. Und heißt das nicht in den meisten Fällen: er verurteilt sich selbst dazu , schon hier und jetzt alles haben zu müssen. Wer den Himmel nicht im Himmel lässt, sondern ihn unbedingt auf die Erde herabzwingen will, ist er nicht geradezu verdammt, das letzte Glück schon hier in diesem Leben haben zu wollen? Und kann, ja muss das nicht zu Frustration und Enttäuschung führen? Die Ansprüche und Erwartungen an das Leben, oft vor allem auch an die Partnerschaft, werden sie nicht oft so hoch geschraubt, dass diese hochfliegenden Pläne und Erwartungen scheitern müssen, dass deswegen auch so viele Ehen scheitern, weil man voneinander geradezu das letzte Glück erwartet und so den Partner überfordert. 

Wie aber ist es mit dem der hoffen kann, der eine tiefverwurzelte Hoffnung hat, dass die eigentliche Zukunft noch aussteht, dass ich das letzte Glück  mir nicht selbst geben kann, sondern es mir von Gott schenken lassen muss? Wird solcher Mensch nicht viel gelassener in dieser Welt leben, da er Dinge lassen kann, nicht an ihnen klebt, da er sich freuen kann über das, was ihm das Leben gewährt, aber auch verzichten kann auf das, was ihm das Leben vorenthält oder wieder nimmt?

Ist das nicht Vertröstung! Nein, es ist ein Trost, der uns Realismus und Gelassenheit für dieses Leben schenkt und eine Hoffnung auf einen Gott, den Jesus als den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, d.h.: als den Gott jedes einzelnen, bei seinem Namen gerufenen Menschen bezeichnet hat. Nur wer seine letzte und eigentliche Hoffnung und Sehnsucht, die uns alle erfüllt, nicht auf etwas in dieser Welt, sondern auf IHN, meinen Gott richtet, wird nicht enttäuscht. Denn ER allein ist der Gott, der einmal alle Mühsal von uns nehmen und alle Tränen trocknen wird, wenn wir ihn schauen dürfen von Angesicht zu Angesicht.

Pfarrer Bodo Windolf

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