Predigt vom 16. Februar 2003

St. Severin Garching

[Zurück zu Predigten/Sakramente] 
Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
Die „Superstars“ des Evangeliums
Predigttext

Sechster Sonntag im Jahreskreis 16. Februar 2003
Firmgottesdienst
Les: Lev 13,1-2.43ac.44ab.45-46; 1 Kor 10,31-11,1
Ev: Mk 1,40-45

Die „Superstars“ des Evangeliums

Liebe Firmlinge, liebe Schwestern und Brüder!

„Deutschland sucht den Superstar.“ Ich habe mir die Show letzte Woche zumindest zum Teil einmal angeschaut. Ich habe dasselbe gesehen wie Millionen Zuschauer auch, und doch sieht jeder auf seine Weise immer auch etwas anderes als die anderen. Ich möchte einfach mal kurz erzählen, was ich neben dem ganzen Glamour dieser Sendung auch gesehen habe.

Ich habe junge Menschen gesehen, die berühmt werden wollen. Ich habe junge Menschen gesehen, die bereit sind, sich vor einem Millionenpublikum auch demütigen zu lassen, um berühmt und ein angeblicher Superstar zu werden. Ich habe junge Menschen gesehen, deren Gefühle durch die Kommentare der Expertenrunde entweder in den Himmel gehoben oder in die tiefste Hölle gestürzt wurden. Ich habe in die Gesichter von jungen Leuten geschaut, die um Haltung und Fassung gekämpft haben, darum, nur ja weiter Optimismus auszustrahlen, obwohl ihnen gerade gesagt worden war, dass sie gar nicht singen können, dass man von einem Superstar etwas anderes erwartet als sooo einen Auftritt, dass das Kleid da, das du anhast, aussieht wie Omas Tapete. Ich habe junge Menschen gesehen, die perfekt vermarktbar sind, die einen etwas stromlinienförmig; einen, der vielleicht noch ein wenig besser zu vermarkten ist, weil seine Schrulligkeit etwas aus dem Rahmen fällt. Ich habe junge Menschen gesehen, von denen einer in einem Interview gesagt hat: „Ohne Medienpräsenz ist man letztlich unwichtig“, (Focus 27.1.03, S.119). In der Sendung selbst hat er eine Art Glaubensbekenntnis abgelegt: „Ich glaube an mich und an meine Fans“, obwohl er genau weiß, dass wie bei der zuvor ausgeschiedenen Kandidatin nach diesem Kriterium nur ein paar Tausend zu wenig aus der anonymen Masse genügen, um ihn erbarmungslos zurückzustoßen in die Hölle der Unwichtigkeit und Bedeutungslosigkeit.


Liebe Firmlinge!

Warum dieser Ausflug in das gnadenlose Geschäft des Showbusiness unserer Tage, in der eine ganze Unterhaltungsindustrie pausenlos Prominente produziert; Menschen, die nach den Gesetzen der Vermarktbarkeit und damit, sagen wir es ruhig, des Profits aufgestylt werden? (Nur in Klammern: Der Prototyp solcher gelungenen Vermarktung und Selbstvermarktung ist vielleicht Verona Feldbusch.) Warum erzähle ich das alles?

Es hilft nichts. Ich möchte nun mit euch zusammen den Blick von der Glitzerwelt der RTL-Shows weg in die nüchterne Welt unseres heutigen Evangeliums wenden.

Wer begegnet uns da? Jesus – als Superstar? Im Gegenteil. Obwohl er gerade durch die Berührung eines eigentlich Unberührbaren – ihr müsst nämlich wissen, dass Aussätzige Ausgestoßene waren, sie lebten, nein sie vegetierten oft wie die Tiere abseits der Dorfgemeinschaft, mussten mit Klappern in der Hand die Gesunden vor sich warnen und sich von ihnen allen fernhalten; sie waren in der Tat unberührbar, der Auswurf der Zivilisation – also: obwohl Jesus gerade durch die Berührung eines solchen Unberührbaren eine sensationelle Spontanheilung bewirkt hat, gebietet er ihm, darüber zu schweigen, es nicht ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren. Nicht das Rampenlicht und den Beifall der Masse sucht Jesus, sondern in aller Diskretion hilft er einem Menschen – einfach aus Mitleid.

Aber wer sind denn dann die Superstars des Evangeliums? Interessanterweise ist unter ihnen kein einziger Prominenter. Im heutigen Evangelium war es ein Mensch, der durch Aussatz verunstaltet war, aber von dem man bis heute hört, auch wenn wir seinen Namen nicht kennen. Die weiteren Superstars sind unzählige andere Kranke und vom Leben Geplagte, Taube, Blinde, Lahme, Verkrüppelte, verachtete Dirnen, verabscheute Zöllner, aber auch einfache Fischer, Arbeiter, Menschen wie ihr, die Firmlinge, Menschen wie du und ich – das sind die Superstars des Evangeliums.

Das sind die Superstars in den Augen Jesu, in den Augen Gottes. In Seinen Augen ist jeder von euch ein Superstar, eine einmalige, unwiederholbare Persönlichkeit, Kostbarkeit, Berühmtheit in den Augen Gottes. Jeder von euch ist berühmt vor Gott, weil Er euch durch und durch kennt, eure Stärken, eure Schwächen, eure Gedanken, euer Suchen, und – ihr seid vor Ihm berühmt, weil Er euch gern hat, weil Er euch liebt, jeden einzelnen auf eine Weise, für die es keine Worte gibt. Wer nur an Menschen glaubt, an sich selbst, an andere, an Fans, wird oft die Erfahrung machen: In einem Augenblick jubeln sie dir zu, im nächsten lassen sie dich fallen wie eine heiße Kartoffel; heute topp, morgen hopp.

An Gott glauben, an Jesus Christus glauben, heißt aber, an Den glauben, der mich, der dich niemals fallen lässt. Wobei ich allerdings unter Glauben mehr verstehe als jene Haltung, bei der Gott eine Art Eukalyptusbonbon oder Aspirintablette ist. So für alle Fälle hält man`s irgendwo in der Tasche verstaut, um es parat zu haben, wenn`s einem mal nicht so gut geht, in der Hoffnung, dass so ein Aspirin-Tabletten-Gott, so ein Notnagelgott dann auch funktioniert und hilft. Das Tolle an unserem Gott, an Den wir Christen glauben, ist, das Er sich noch nicht einmal zu so einem Notnageldasein zu schade ist.

Aber ich meine, Er hat mehr verdient, mehr von uns allen, mehr auch von euch, den Firmlingen. Er hat einen festen und zentralen Platz in eurem Leben verdient. Und in dem Film, den Er mit euch, mit eurem Leben drehen möchte, mit dem, was eure Lebensaufgabe ist – wir haben in der vorletzten Firmstunde darüber geredet – in diesem Film seid ihr eine Art Superstar, unersetzlich wichtig ohne Medienpräsenz, unersetzlich wichtig für Gott – und für das, was Er aus eurem Leben machen will. Hoffentlich, liebe Firmlinge, lasst ihr Ihn niemals fallen, so wie Er euch niemals fallen lassen wird. Das ist die beste Gewähr, dass euer Leben gelingt.

Pfr. Bodo Windolf

Seitenanfang
© copyright    2003    WebMaster: Herbert Bauernfeind   bauernfe@t-online.de