Predigt vom 8. April 2004 (Gründonnerstag)

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
Eucharistie - 5x Wandlung
Predigttext

Gründonnerstag 8. April. 2004
Les: Ex 12,1-8.11-14; 1 Kor 11,23-26
Ev: Joh 13,1-15

Eucharistie – 5 x Wandlung

Es ist noch nicht so lange her, da war ich Beteiligter an einer Diskussion, in der es um die Eucharistiefeier ging, und zwar um folgende Fragen: Ist die Eucharistiefeier in unserer Pfarrei und überhaupt in der katholischen Frömmigkeit nicht viel zu dominant? Verdrängt sie nicht zu sehr andere Gottesdienstformen? Warum soll sie „mehr wert“ sein als etwa Wortgottesdienste, die freier und kreativer gestaltet werden können und einzelnen daher auch viel mehr bedeuten? Ich habe diese Diskussion zum Anlass genommen, einmal zu schauen, wie viele nicht-eucharistische Gottesdienste in unterschiedlicher Häufigkeit, aber regelmäßig in unserer Pfarrei stattfinden. Ich bin auf insgesamt achtzehn verschiedene gekommen, und damit Sie mir auch glauben, will ich sie in willkürlicher Reihenfolge aufzählen: Rosenkranz, Kreuzwege, Maiandachten, Oasen-Gottesdienste, Morgen- und Abendlob, Frühschicht, stille Anbetung, Meditation, Taufen, Bußgottesdienste, ökumenische Gottesdienste, Trauerfeiern, Kleinkindergottesdienste, Gebetskreis, Bibelteilen, Adventansingen, Exerzitien im Alltag, Fastenpredigten; wobei ich mir nicht einmal sicher bin, ob ich nicht noch etwas vergessen habe.

Mir erscheint dies als eine Vielfalt, in der wohl fast jeder, der möchte, einen Platz für sich selbst finden kann, für die je ganz eigene Frömmigkeit und Spiritualität; allesamt Gottesdienstformen auch mit einem je ganz eigenen Wert; und es erschiene mir fatal, die eine Form gegen eine andere ausspielen zu wollen.

Und doch – innerhalb dieser Vielfalt spielt die Eucharistie seit alters her eine herausragende Rolle. Warum ist das so?

Letztlich gibt es dafür nur einen einzigen Grund: Weil im Zentrum dieser Feier nicht mehr wir Menschen die Handelnden sind, sondern allein Gott, Jesus Christus selbst. In dieser Feier kommt es letztlich nicht etwa auf die charismatische Priesterpersönlichkeit an, z.B. auf sein mehr oder weniger gelungenes Predigen, oder auf andere Beteiligte, die mit Gedanken, Worten, Musik oder anderen Elementen die Feier gestalten – wobei dies alles natürlich durchaus auch wichtig ist; aber im Zentrum dieser Feier ist wie sonst nirgends Gott der eigentlich Handelnde. Der Priester hat zurückzutreten; seine Aufgabe ist es nur noch, reine Durchgabe zu sein; „in persona Christi agere“, nennt es das Konzil. Das heißt: Jesus Christus handelt eigentlich; der Priester nur wie ein Werkzeug, nur noch in Seinem Namen. „Das ist mein Leib für euch“ – das sind Worte, die allein Jesus sprechen kann – durch den Mund des Priesters.

Was aber tut Jesus? Was genau ist das Unvergleichliche, das von Menschen nicht zu Machende, das hier durch Gott geschieht? Um dies zu sehen, müssen wir durch die so schlichte und unscheinbare, für viele so unattraktive Oberfläche hindurch stoßen in die Tiefe des Geschehens auf dem Altar Wir können es in einem Wort zusammenfassen: Das Wichtigste, das geschieht, ist Wandlung.

Gewöhnlich denken wir dabei in erster Linie an die Wandlung von gewöhnlichem Brot in Leib und Blut Christi, von Erdenbrot in Gottesbrot. Aber diese Wandlung ruht auf einer viel früheren und viel radikaleren Wandlung auf, die sie allererst ermöglicht. Denn nicht einfach nur: „Das ist mein Leib“ sagt Jesus, sondern: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird“. Der also gegeben wird, zur Gabe wird, zuerst allerdings in den Tod hinein, in einen grauenvollen Tod der Gewalt, des Hasses, der Folter, der Erniedrigung. Und hier, in diesem Geschehen einen Tag nach dem Abendmahl, auf Golgota vollzieht sich die erste und tiefste Schicht der Verwandlung: Die Gewalttat der Menschen gegen Ihn wandelt Jesus von innen her in einen Akt der Hingabe für die Menschen. Er tut, was Er in der Bergpredigt nur gesagt hat, indem Er Gewalt nicht mit Gegengewalt beantwortet; vielmehr verwandelt Er sie in reine Liebe und barmherzige Vergebung.

Das ist die grundlegende Verwandlung, die allein die Welt erlösen kann, in einer Liebe, die dann auch stärker ist als der Tod, und nun auch diesen verwandeln kann in Auferstehung und Leben.

Erst die ganze Kraft dieser Verwandlungen auf Golgota zieht die in der Eucharistiefeier geschehende nach sich: Die Schöpfungsgaben von Brot und Wein, die zugleich Frucht unserer menschlichen Arbeit, das heißt menschlicher Verwandlung der Schöpfung in Nahrung sind, - sie werden so gewandelt, dass in ihnen wahrhaft der Herr selbst in Seiner Hingabe, in seinem Gabe-werden gegenwärtig ist.

Dabei ist dieses Wandlungsgeschehen noch lange nicht der Endpunkt; vielmehr wird es zum Ausgangspunkt für zwei weitere zentrale Verwandlungen: zunächst die des Empfängers. Die heilige Kommunion fruchtbar empfangen, heißt: die Liebe, die Hingabebereitschaft, die Frieden stiftende unbedingte Versöhnungsbereitschaft Jesu zu empfangen, es heißt: all dem in mir einen Resonanzraum zu geben, damit in einem letzten Schritt der Verwandlung Gott, Jesus Christus auch durch mich hindurch die Welt wandeln kann in Richtung des Beginns einer neuen Schöpfung. Kommunion mit Gott wird so untrennbar zur Kommunion mit unseren Mitmenschen und zwar mit allen; ohne auch nur einen auszuschließen aus unserer Versöhnungsbereitschaft.

Eucharistie, Kommunion, recht verstanden, recht gefeiert, recht empfangen, wird so zur Gott geschenkten Mitte wahrer christlicher Existenz, weil in ihr Gottes- und Nächstenliebe wie in keinem anderen Sakrament und in keiner anderen gottesdienstlichen Form ineinander fallen.

Um zu zeigen, dass Eucharistie zur liebenden und dienenden Tat am Mitmenschen werden muss, darum hat Jesus im Abendmahlssaal den Seinen die Füße gewaschen. Wenn nachher Frau Marschall, Herr Fichtl und ich Ihnen in Anlehnung daran die Hände waschen, dann wollen wir nicht zuletzt auch diese mitmenschliche Dimension der Eucharistie symbolisch zum Ausdruck bringen. Dieses Zeichen wird ein wenig Zeit in Anspruch nehmen. Aber bewusst soll die Eucharistiefeier am heutigen Tag des Gedächtnisses ihrer Einsetzung im Abendmahlsaal auch einen meditativen Charakter haben. Es ist Gelegenheit, sich nachdenkend, betend, meditierenden in dieses Geheimnis unseres Glaubens, in das Geheimnis der alles verwandelnden Liebe und Hingabe Jesu Christi zu vertiefen, in Ihn, der sich selbst uns darreicht als Gabe im eucharistischen Brot.

Pfr. Bodo Windolf

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