Predigt vom 6. März 2005 (Firmanmeldung)

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
"Christus, das Licht, das uns Gott, Mitmensch und Welt neu sehen lässt"
Predigttext

Vierter Fastensonntag 6. März 2005
Les: 1 Sam 16,1b.6-7.10-13b; Eph 5,8-14
Ev : Joh 9,1-41

Christus, das Licht, das uns Gott, Mitmensch und Welt neu sehen lässt

Die Evangelien von diesem Sonntag (Heilung des Blindgeborenen), vom letzten (Jesus bei den Samaritern) und vom nächsten (Auferweckung des Lazarus) sind mit Abstand die längsten der ganzen kirchlichen Leseordnung. Es hat damit eine besondere Bewandtnis: seit ältester Zeit werden sie an den Sonntagen vor Ostern vorgelesen vor allem für die sog. Katechumenen, die Taufbewerber. Auf ihrer letzten Wegstrecke hin zur Taufe in der Osternacht sollten ihnen noch einmal zentrale Botschaften des christlichen Glaubens mitgegeben werden.

Auch ihr, liebe Firmlinge, seid auf so etwas wie einer letzten Wegstrecke; zwar nicht zur Taufe, aber zur Firmung, für die ihr euch heute anmeldet; allerdings werdet ihr in eurem Firmgottesdienst auch euer Taufversprechen erneuern. Daher möchte ich einmal fragen, welche Botschaft euch die heutigen Texte aus der Lesung und dem Evangelium mitgeben möchten?

In beiden geht es um das Sehen. In der ersten Lesung zunächst einmal um das Sehen Gottes. Er sieht nicht auf das Äußere, sondern Er sieht in das Herz von uns allen.

Was die Lesung hier sagt, gehört für mich zum Schönsten unseres Glaubens. Gott sieht mich an. Ich darf leben unter dem Blick Gottes. So wie ein Schauspieler auf der Bühne angestrahlt wird vom Licht, so stehe auch ich gleichsam im Lichtkegel des Blickes Gottes, mit dem Er beständig auf mich schaut. Schön ist dies, weil ich weiß: Es ist kein Blick kalter, unbarmherziger Kontrolle, wie man kleinen Kindern früher oft drohte: Wenn du was anstellst – Gott sieht alles. Gott als der „Ersatzerziehungsonkel“, der sieht, was den Eltern entgeht.

Ich kann von mir ganz persönlich sagen: ich fühle mich von diesem Blick umhüllt, geborgen, begleitet, beschützt. Jeder von uns weiß, wie schön es ist, sich von einem lieben Menschen anblicken zu lassen, einen warmen, liebenden, wohlwollenden, barmherzigen Blick auf sich ruhen zu spüren. Und genau so, nein, noch viel tiefer dürfen wir uns unter dem Blick Gottes geborgen fühlen. Vor diesem Blick kann und muss ich mich nicht verstecken. Gott kann ich ja ohnehin weder täuschen noch blenden. Im Gegenteil, ich kann mich offen legen. Für mich ist es ein großes Bedürfnis, z.B. im Sakrament der Versöhnung mich immer wieder ganz bewusst und gewollt diesem Blick auszusetzen, um die verzeihende und reinigende Kraft des liebenden Blickes Gottes zu empfangen.

Im Evangelium geht um unser eigenes Sehen. Um sehen zu können, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Es braucht ein intaktes Sehorgan, ein heiles Auge. Aber das allein genügt nicht. In einer stockfinsteren Kammer sieht selbst das beste Auge – nichts. Um sehen zu können, braucht es zusätzlich Licht.

Ich bin das Licht der Welt“, sagt Jesus im heutigen Evangelium. Wenn das stimmt, dann gibt es Dinge, die wir ohne Christus nicht sehen; für die wir blind sind, wenn wir nicht das Licht des Glaubens an Ihn gleichsam anknipsen.

Was lässt uns Jesus sehen, das wir ohne Ihn nicht sehen? Als erstes will ich – Gott selbst nennen. Warum das? Es gibt doch viele Menschen, die an Gott glauben, aber nicht an Jesus Christus! Ist der Glaube an Gott nicht die Hauptsache und Jesus Christus dafür eigentlich unnötig, für manche sogar eine unnötige Erschwernis?

Ich will ein Beispiel erzählen: Letzten Samstag klingelte im Pfarramt. Ich öffnete einem sehr sympathisch aussehenden jungen Mann. Er war Moslem, der mir sagte, er würde gerne mit mir ein wenig über den wahren, natürlich moslemischen Glauben reden. Nach einem kurzen Gespräch übergab er mir eine kleine Broschüre. Darin wurde der Name Jesu immer sehr achtungsvoll genannt, aber der Glaube an Jesus als Sohn Gottes, der Glaube an Gott, den Dreifaltigen, wurde mit schärfsten Worten verdammt; und genauso all jene, die daran glauben: auf sie, die Ungläubigen wartet der Zorn, die Strafe Allahs, also die Hölle.

Welchen Gott zeigt uns das Licht Jesu Christi?

Es zeigt uns einen väterlichen Gott, der will, dass alle Menschen, Gläubige wie Ungläubige, gerettet werden. Es zeigt uns einen Gott, der für alle Menschen Mensch geworden ist und sich für sie sogar hat ans Kreuz schlagen lassen. Das Licht Jesu Christie zeigt uns einen Gott, der alles tut, damit niemand verloren geht.

Und –  das Licht Jesu Christi lässt uns auch den Menschen in einem neuen Licht sehen, nämlich mich selbst und meine Mitmenschen. Es lässt mich sehen: „So kostbar bist du mir, und so kostbar sind alle anderen Menschen mir, dass ich, Gott, für dich und für alle anderen mein Liebstes hingegeben habe: meinen Sohn Jesus Christus. Wenn du an Ihn glaubst, dann wirst du frei, erlöst, rein von Schuld, nicht mehr Knecht, sondern mein Freund, Freund Gottes, Kind Gottes. Du wirst Frieden finden und Frieden stiften.“ Denn wer im Licht Jesu lebt, der wird anfangen zu lieben, wie Er geliebt hat. Der wird auch die Mitmenschen mit neuen Augen sehen, nämlich mit den Augen, mit denen Gott, dein Vater und Jesus Christus, Sein Sohn, auf jeden Menschen blicken.

Das Licht Jesu lässt uns vieles andere, - den Sinn unseres Lebens, auch den Sinn von Kreuz und Leid in einem neuen Licht sehen. Wer durch den Glauben im Licht Jesu Christi steht, für den ist das eigene Leben und das Dasein insgesamt in ein neues Licht getaucht. Nur einschalten muss ich dieses Licht. Dies geschieht durch den Glauben, durch einen gelebten Glauben;  und dadurch, dass ich dem Glauben Nahrung gebe, durch Gebet und Feier des Gottesdienstes, weil ich gerade auch hier dieses Licht empfange.

Mich ansehen lassen von Gott, unter Seinem Blick leben, und Gott ansehen, auf Ihn blicken im Licht Jesu Christi und im selben Licht auf die Mitmenschen blicken, das heißt Christsein.

Euch, den Firmlingen, wünsche ich, dass ihr euer Leben im Licht Jesu Christi lebt, dass der Glaube an Ihn euch Orientierung, Halt und Kraft gibt in fröhlichen und in schweren Tagen und dass ihr auf diese Weise selbst Licht für andere Menschen werdet.

Pfr. Bodo Windolf

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