Predigt vom 24. Dezember 2005   Hl. Abend

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
"Jesus Christus – der wahre Friedensbringer"
Predigttext

Heiliger Abend 24. Dezember 2005
Les: Jes 9,1-6; Tit 2,11-14
Ev: Lk 2,1-14

Jesus Christus – der wahre Friedensbringer

In den deutschen Kinos läuft derzeit der Film „Merry Christmas“. Über die Qualität, etwa ob er zu kitschig geraten ist, kann man sich streiten. Aber die wahre Begebenheit, die er ins Bild setzt, ist zutiefst bewegend und berührend. Es ist Dezember 1914 an der Westfront. Engländer, Franzosen, Deutsche stehen sich in den Schützengräben gegenüber. Wenige Monate zuvor war man auf allen Seiten voller Begeisterung mit patriotischen Parolen auf den Lippen fürs Vaterland in den Krieg gezogen. Die grauenhafte Fratze des Krieges zeigte sich den Kämpfenden schon sehr bald. Zur Heiligen Nacht 1914 vereinbarte man an verschiedenen Frontabschnitten Waffenruhe. Und die Kraft dieser Nacht und ihrer Botschaft brachte ein Wunder zustande. Sie, die Soldaten, die kurz zuvor noch aufeinander geschossen hatten, merkten, dass auch die Feinde versuchten, in der klirrenden Kälte der Schützengräben ein wenig Weihnachten zu feiern, fern von Familie, Frau und Kindern. Erst traute sich einer, schließlich alle aus ihren Verschanzungen heraus. Und auf dem Niemandsland zwischen den verfeindeten Linien feiert ein schottischer katholischer Feldgeistlicher die Christmette mit allen Soldaten – Deutschen, Engländern, Franzosen - einen Gottesdienst, der überging in ein weiteres gemeinsames Feiern dieser Nacht.

Am meisten ist mir ein Satz des Geistlichen in Erinnerung geblieben: „Sie, alle diese Männer, wurden vom Altar angezogen wie von einem Feuer mitten im Winter, und selbst die Ungläubigen kamen, um sich an ihm zu wärmen.“ Seit 2000 Jahren hat die Heilige Nacht nichts von ihrer wärmenden Kraft verloren, von ihrer wärmenden Kraft, die ausgeht von einem kleinen neugeborenen Kind.

Versetzen wir uns um 2000 Jahre zurück in das damalige römische Reich unter Kaiser Augustus. Kaiser Augustus erschien seinen Zeitgenossen als der große Friedensbringer, als der, der der ganzen Welt Frieden ermöglichte. Im Jahre 9 v. Chr. hatte man ihm in Rom die „ara pacis“, den Friedensaltar errichtet. In der Inschrift von Priene aus dieser Zeit heißt es: „Die Vorsehung, die über allem Leben waltet, hat diesen Mann zum Heil der Menschen mit solchen Gaben erfüllt, dass sie ihn uns als Heiland gesandt hat; aller Fehde wird er ein Ende machen.“

Freilich, dieser Friede, die „pax romana“, war ein den Völkern durch römische Waffengewalt abgetrotzter. Es spricht vieles dafür, dass der Evangelist Lukas seine Weihnachtsbotschaft ganz bewusst als ein Gegenprogramm zur waffenstrotzenden „pax romana“ aufgestellt hat: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade“, so verkünden die Engel den Hirten den wahren Heiland und Friedensbringer, Jesus Christus; den, der nicht in herrscherlicher Gebärde, Schwert und Zepter schwingend, unter den Mensche erscheint, sondern in der armen Ohnmachtsgestalt eines in einem Futtertrog liegenden Kindes.

Gegensätzlicher kann menschliches Streben, menschliche Idee von Größe und göttliches Tun nicht sein. Der Mensch will nach oben, Gott geht nach unten. Der Mensch will herrschen, Gott kommt, um zu dienen. Der Mensch sucht die Selbstbehauptung, Gott die Selbstverschenkung. Der Mensch besteht auf Vergeltung und Rache, Gott will vergeben. Der Mensch giert nach Reichtum, Gott wählt die Armut. Der Mensch zettelt Kriege an im Kleinen wie im Großen. Gott sucht jeden Weg zur Versöhnung. Der Mensch wollte (und will es bis heute) „sein wie Gott“, Gott will sein – ein Mensch. Wie anders, wie friedvoller sähe eine Welt aus, in der der Mensch nicht so groß wie Gott sein wollte, sondern so klein wie Gott.

Die Frage ist: Hat sich, seit dies vor 2000 Jahren geschah, etwas verändert in unserer Welt? Die Antwort kann nur NEIN und JA zugleich lauten. Leider ist unsere Welt bis heute erfüllt von Kriegen in unserer kleinen Welt des Alltags, der Familie, der Nachbarschaft, des Berufslebens und von Kriegen, Terror und Hass weltweit. Liegt es daran, dass das Geschehen und die Botschaft der Weihnacht doch nur ein Märchen ist?

Nein, sie ist wahr, und das haben die Männer in den Schützengräben im Dezember 1914 hautnah erfahren und das können wir erfahren, wenn wir den Heiland und Friedensbringer Jesus Christus wirklich eintreten lassen in unser Leben, in unser Herz. Das Problem, warum die Welt bis heute so anders aussieht, liegt daran, dass Er, Christus, sich nicht mit Gewalt Zutritt verschafft in unser Inneres, sondern nur, wenn wir Ihn einlassen; wenn ich Ihn einlasse aus innerstem freiem Willen.

Die meisten, auch unter uns Getauften, haben angeblich Wichtigeres zu tun, weswegen sich die Gotteshäuser immer mehr leeren. Es gibt zu wenig Menschen, die Ernst machen mit diesem Kind; die sich ganz auf Seine Seite stellen und sich von Ihm formen und prägen lassen.

Aber – es gibt sie. Und in diesen Menschen hat sich die Welt verändert und verändert sie sich bis heute. Es gibt sie, die glaubend, hoffend, liebend Christus in sich tragen und damit den Frieden Christi. Von ihnen strahlt dieser Friede aus auf die Umgebung. Und es kann solche Menschen neu oder vertieft geben in dieser Heiligen Nacht 2005: vielleicht ist ein konkreter Schritt der Versöhnung und des Verzeihens einem ganz bestimmten Menschen gegenüber zu tun, heute Abend noch oder in dieser weihnachtlichen Zeit. Vielleicht gilt es nur, die spitze Zunge zu hüten, die oft so scharf verletzt. Vielleicht ist ein konkreter Schritt auf Gott zu zu tun, weil Er schon längst anklopft und darauf wartet, dass ich endlich öffne. Wo das geschieht, geschieht Weihnachten nicht nur in unseren Wohnzimmern, sondern in uns. Es geschieht in uns, was der Engel verkündet hat: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.“

Pfr. Bodo Windolf

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