Predigt vom 12. März 2006

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
Kann Gott so etwas verlangen ?
Predigttext

Zweiter Fastensonntag  12. März 2006 (auch für die Firmlinge)
Les: Gen 22,1-2.9a.10-13.15-18; Röm 8,31b-34
Ev: Mk 9,2-10

Kann Gott so etwas verlangen? Abrahams soll seinen Sohn opfern

Jeder von euch, jeder von uns erinnert sich ganz sicher an so etwas wie eine Sternstunde des Lebens. Man empfindet ein irrsinniges Glück, eine unglaubliche Freude, man könnte fast zerspringen vor Glück und man möchte diese Augenblicke, diese Glücksmomente am liebsten festhalten. Man möchte, dass es immer so ist und so bleibt; so wie die Jünger im heutigen Evangelium, die solch einen Glücksmoment mit Jesus erleben. Sie sehen für einige wenige Momente sein innerstes Wesen, das verborgen ist unter der einfachen Gestalt eines gewöhnlichen Menschen. Sie sehen Seine Göttlichkeit, Sein innerstes Licht, das nicht von dieser Welt ist; und sie möchten dieses Erleben festhalten, weswegen Petrus vorschlägt, drei Hütten zu bauen.

Wie gesagt, auch ihr, jeder von euch kennt solche Sternstunden des Lebens. Das kann eine vollkommen unerwartete gute Note sein, ein schwer erkämpfter Sieg beim Fußball, als alles schon nach Niederlage aussah. Das erste Verliebtsein. Für eure Eltern war es vielleicht der Augenblick, als sie euch zum ersten Mal als Baby im Arm gehalten haben. Das ist sicher ein unglaublicher Augenblick besonders für eine Frau, wenn sie einem Kind das Leben schenkt.

Wenn wir auf die heutige erste Lesung schauen, kommt einem unwillkürlich dieser Augenblick im Leben Abrahams in den Sinn. Abraham war ein durch und durch besonderer Mensch. Aufgewachsen war er in Ur in Mesopotamien, dem heutigen Irak, mitten in einer göttergesättigten Umwelt. Auf einmal hört er ganz tief in sich die Stimme Gottes, des wahren Gottes, die Stimme Jahwes: „Verlass alles, was bisher zu deinem Leben gehört hat: dein Land, deine Stadt, deine Sippe. Geh in ein Land, das ich dir zeigen werde. Ich werde dich zu einem großen Volk machen.“ Was das bedeutete, können wir kaum mehr ermessen. Ganz sicher eine restlose Entwurzelung aus allem, was bisher sein Leben ausmachte; eine Entwurzelung aus dem Boden des alten Lebens,  um seine Existenz nur noch in Gott zu verwurzeln und allein auf Ihn zu stellen.

Abraham folgt tatsächlich dieser Stimme und er zieht in die Gegend des heutigen Palästina. Die Jahre gehen dahin, er wird älter, seine Frau Sarah wird älter, aber sie bekommt keine Kinder. „Und du Gott willst mich zu einem großen Volk machen?“ „Ja, glaube nur und vertraue.“ Und tatsächlich: Im hohen Alter gebiert Sarah noch den Isaak. Ein unvorstellbares Glück im Leben der beiden.

Und nun das, was wir vorhin gehört haben: „Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, und bring ihn als Brandopfer dar.“

Es ist eine Zeit, in der Menschenopfer, die den Göttern dargebracht wurden, gang und gäbe sind. Primitive Religionen? Wir sollten nicht zu schnell über die Menschen von damals urteilen. Wie viele Menschenopfer bringen wir unseren heutigen modernen Göttern dar? Dem Götzen Auto und Geschwindigkeitsrausch: tausende Straßenverkehrsopfer jährlich! Dem Götzen Selbstbestimmung: zehntausende Kinder jährlich, die nie geboren werden! Dem Götzen Vaterland, Nation, Ehre der Nation: millionen von Opfern während des 20. Jahrhunderts! Menschenopfer über Menschenopfer fordern die Götzen aller Zeiten.

Doch kehren wir zu Abraham zurück: Er soll Isaak opfern und – er gehorcht. Er nimmt Isaak und macht sich auf den Weg.

Was ist der Sinn dieser dunklen und furchtbaren Episode aus dem Alten Testament?

Mit Abraham beginnt die Heilsgeschichte. Mit ihm buchstabiert Gott bis zur letzten Konsequenz durch, was Glaube bedeutet; denn er ist Träger einer Verheißung, die allen „Geschlechtern der Erde“ Segen zusagt. Wird er sich bewähren? Aber an Isaak hängt doch die ganze Hoffnung auf Verwirklichung der Verheißung! Das stimmt, ist aber im Augenblick sekundär. Was jetzt einzig zählt, ist die Frage: Gibt es irgendeinen Bereich im Leben Abrahams, den er ganz allein für sich behält, in den er Gott nicht hineinregieren lässt? Oder stellt er wirklich restlos alles Gott anheim, weil er bedingungslos glaubt und vertraut: Auf Gott zu hören, auch wenn ich es nicht verstehe, ist immer Heil; auf Ihn nicht zu hören, bedeutet Unheil.

Abraham hat die fast übermenschliche Größe, selbst sein eigenes Kind, den Sohn der Verheißung, auf Gott hin loszulassen.

Und nun der paradoxe Umschlag: Weil er das tut, gewinnt er ihn erst wirklich und definitiv zurück als eigenen Sohn und als Sohn der Verheißung. Für Gott war er bereit, alles zu geben. Und daher hat er alles zurückerhalten. Ansonsten hätte er sicher alles verloren, jedenfalls das Verheißungswort Gottes.

 Was hier an Abraham geschieht, können wir auf uns alle übertragen: Wo wir im Gehorsam gegenüber Gott auf etwas verzichten, es loslassen, ein Opfer, das von uns verlangt wird, annehmen, da verwandelt es sich in ungeheuren Segen.

Und damit sind wir unversehens beim heutigen Evangelium. Gleich nach seiner Verklärung spricht Jesus von Seinem Tod. Während Abraham seinen Sohn nicht opfern muss, wird Jesus sein Leben hingeben. Und so ist sein Lebensopfer zum Segen für alle Menschen geworden.

Jesus hat alles gegeben. Abraham war bereit, selbst sein Liebstes, seinen Sohn, zu geben. Was sind wir bereit Gott zu geben!?

Pfr. Bodo Windolf

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