Predigt vom 15. Juni 2006  Fronleichnam

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf


Thema: 
"Sanctus - Gebet der Größe und der Kleinheit Gottes in Jesus Christus, dem Friedensbringer"
Predigttext

Hochfest des Leibes und Blutes Christi 15. Juni 2006
Les: Ex 24,3-8; Hebr 9,11-15
Ev: Mk 14,12-16.22-26

Sanctus – Gebet der Größe und der Kleinheit Gottes in Jesus Christus, dem Friedensbringer

Die Gebete der Messliturgie sind den meisten von uns so geläufig, dass wir nicht viel nachdenken müssen, um sie mitbeten zu können. Dieses selbstverständliche Mitbeten ist etwas sehr Schönes und Hilfreiches, aber es birgt die Gefahr, dass wir den inneren Gehalt dieser Gebete vielleicht kaum wahrnehmen. Jedes Einzelne ist ganz tief in der heiligen Schrift verwurzelt, und für jeden, der sich in der Bibel auch nur ein wenig auskennt, rufen sie Bilder und Begebenheiten wach, die geeignet sind, uns die Messliturgie, das heilige Drama, das wir hier feiern, tiefer verstehen zu lassen.

Eines dieser Gebete möchte ich heute ein wenig näher betrachten, nämlich das Sanctus, das „Dreimal heilig“, das wir beten, bevor wir gleichsam ins innerste Heiligtum der Messfeier eintreten; dahinein, wo die Gaben von Brot und Wein gewandelt werden in die leibhaftige Gegenwart Jesu Christi.

Wenn wir das „Heilig, heilig, heilig“ beten, müsste vor unserem geistigen Auge die große Berufungsvision des Propheten Jesaja auftauchen. Jesaja sieht in überwältigenden Bildern die Größe, die Schönheit, die unendliche Majestät Jahwes; umgeben von Engeln, die anbetend singen: „Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten, erfüllt sind (Himmel und) Erde von deiner Herrlichkeit.“ Was bedeutet das? Es bedeutet: Wenn der Priester, wie es im Einleitungsgebet zum Sanctus heißt, alle einlädt, einzustimmen in den Lob- und Preisgesang der Engel und Heiligen, dann lädt er ein zu bedenken: Wir hier auf der Erde sind Mitfeiernde der himmlischen Liturgie. Es bedeutet: Wie nirgends sonst sind in dieser Feier Himmel und Erde miteinander verbunden. Wieder und wieder kommt in dieser Feier der Himmel auf die Erde und die Erde wird zum Himmel erhoben. Was getrennt scheint – der Himmel, irgendwo fern von uns da oben, die Erde hier unten – das vereint sich für die Augen und Herzen der Glaubenden zu einer Wirklichkeit. Der Himmel auf Erden, die Erde im Himmel – beides unsichtbar aufs tiefste miteinander verbunden.

Hören wir weiter in das Sanctus-Gebet hinein: „Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe.“ Szenenwechsel: Auf einmal befinden wir uns mitten im Lärm der Stadt Jerusalem und mitten in den Pilgerströmen Zehntausender um das Jahr 30 herum. Unzählige jubeln einem Mann zu, der auf einem Esel dahergeritten kommt: Jesus von Nazareth, der unter dem Jubel der Menge in Jerusalem einzieht und doch weiß, dass Er einem fürchterlichen Tod entgegen reitet.

Die Diskrepanz innerhalb des Sanctus-Gebetes könnte größer kaum sein. Im ersten Teil steht uns Gott in Seiner unendlichen Erhabenheit und Majestät vor Augen; im zweiten Teil Gott in der verborgenen, demutsvollen Gestalt eines einfachen Menschen auf einem Esel. Und genau das ist der Gehalt jeder Eucharistie: Gottes Herrlichkeit und unendliche Macht ist gegenwärtig, aber nur in der verbergenden, unscheinbaren Gestalt der heiligen Liturgie, nur in der verbergenden, unscheinbaren Gestalt eines kleinen Stückchen Brotes.

Und diese Art, wie Gott, wie Jesus Christus zu uns kommt – „Hoch gelobt sei, der da kommt“ – sonntäglich, ja täglich auf unseren Altar, in unser Inneres, wenn, ja wenn auch wir am Sonntag kommen und kommunizieren – diese Art, wie Er, der unendlich erhabene Gott zu uns kommt und zu uns kommen will, hat eine Botschaft für uns. Denn das „Hochgelobt sei, der da kommt“ spielt eindeutig auf eine alte Weissagung des Propheten Sacharja an: „Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Siehe, dein König kommt; er sitzt auf dem Fohlen einer Eselin. Ich vernichte die Streitwagen ... , vernichtet wird der Kriegsbogen. Er verkündet für die Völker den Frieden, seine Herrschaft reicht ... bis an die Enden der Erde.“ (Sach 9,9f).

Ein Dreifaches sagt uns dieser König: Er kommt als Armer, auf einem Esel, in einem armseligen Stückchen Brot, ein König der Armen und für die Armen; das heißt für die, die bereit sind, ihr Herz reinigen zu lassen von jener Habgier und Korruption und Bestechlichkeit die tagtäglich unsere Welt, unsere Beziehungen, uns selbst verwüstet und zerstört.

Er kommt als König des Friedens, nicht mit Streitwagen und Ross und Schwert, sondern mit einer einzigen Waffe; mit der Waffe der Liebe und Hingabe. Sie und sie allein wird am Ende siegen und Streitwagen und Kriegsrösser und alle Waffen vernichten und Frieden aufrichten. Pax, Friede – ist eine uralte Bezeichnung für die Eucharistie; und wenn wir vor der Kommunion einander die Hand zum Friedensgruß reichen, dann heißt das: ich kann nur kommunizieren, wenn ich ein Mensch des Friedens bin, im Frieden mit Gott und im Frieden mit den Mitmenschen, weswegen auch die gelegentliche Beichte so wichtig ist, weil sie diesen von uns so oft gebrochenen Frieden wiederherstellt.

Und ein Drittes: Christus kommt als König des Friedens, den er verkündet bis an die Enden der Erde. Unsere Eucharistie hier in Garching/Hochbrück  wird weltweit gefeiert, von nicht zu zählenden Menschen mit uns. In jeder dieser Eucharistiefeiern bricht das Friedensreich Christi schon hinein in unsere Welt; wir sind weltweit eingeladen und berufen, die Avantgarde dieses Reiches zu sein; Menschen, Christen, die sich wie Brot und Wein und in der Kraft der gewandelten Speise verwandeln lassen zu Boten des Friedens in unserer oft so friedlosen Welt.

„Gehet hin in Frieden“ – tragt hinaus den Frieden, die Pax Christi, die ihr hier empfangen habt, hinaus in die Welt, so endet jede Messfeier. Und so wollen wir nun Den feiern und hoch loben, den Dreimal-Heiligen, „der da kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe“.

Pfr. Bodo Windolf

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