Predigt vom 17. September 2006

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf

Thema: 
"Christentum und Kreuzzüge – Islam und Gewalt "
Predigttext

24. Sonntag im Jahreskreis 17. September 2006
Les: Jes 50,5-9a ; Jak 2,14-18
Ev : Mk 8,27-35

Christentum und Kreuzzüge – Islam und Gewalt 

„Du bist der Messias“ - das ist das Ur-Credo der Kirche aus dem Mund des Apostelfürsten Petrus. 

So richtig dieses Glaubensbekenntnis ist – es ist noch Lichtjahre entfernt vom wahren Glauben an Jesus, den Christus, den Messias. 

Was müssen Petrus und mit ihm die Jünger nach unserer Evangelienperikope lernen? Zweierlei! 

Erstens: Jesus verlangt nicht den Glauben an einen Messias des Sieges und des Triumphes, der mit der Bibel oder dem Koran in der einen Hand und dem Schwert in der anderen Hand das Gottesreich oder den Gottesstaat auf Erden begründen möchte – derartiges schwebt Petrus vor –, sondern den Glauben an einen Messias, der lieber Gewalt erleidet als Gewalt übt: der daher als Verlierer, Verurteilter, Verspotteter, Verfemter die Bühne unserer gewalttätigen Welt verlassen wird, den Menschen aber gerade so aus der endlosen Spirale von Hass, Gewalt und Krieg erlöst. 

Petrus, der zur Gewalt bereite „Befreiungstheologe“ braucht lange, bis er dies versteht. Noch bei der Gefangennahme Jesu sieht man ihn mit dem Schwert dreinschlagen und dem Malchus das Ohr abhauen. Die ruhige Antwort Jesu: „Steck das Schwert in die Scheide, denn wer zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkomme“ (Mt 26,52). 

Den Glauben an diesen gewaltlosen (und keinen anderen) Messias musste nicht nur Petrus lernen, sondern über Jahrhunderte hinweg die Christenheit insgesamt. Dass es im Namen des christlichen Glaubens Kreuzzüge, Religionskriege, Zwangsbekehrungen, Gewaltanwendung in Sachen des Glaubens gab, müssen wir mit Scham bekennen; ohne uns allerdings über unsere Vorfahren zu erheben. Denn niemand weiß, wie wir gehandelt hätten, hätten wir damals gelebt.

Dass es im Namen des christlichen Glaubens Kreuzzüge, Religionskriege, Zwangsbekehrungen, Gewaltanwendung in Sachen des Glaubens gab, müssen wir mit Scham bekennen; doch sollten wir es tun,  ohne dabei in den Ton der Selbstgerechtigkeit zu verfallen und uns über unsere Vorfahren zu erheben. Denn niemand von uns weiß, wie wir gehandelt hätten, hätten wir damals gelebt. Jeder Mensch ist ja immer auch ein Kind seiner Zeit. 

So wenig sich das Genannte in irgendeiner Weise rechtfertigen lässt, möchte ich mir aber doch an dieser Stelle zwei Bemerkungen zum Thema „Kreuzzüge“ erlauben, in denen erstmals die christliche Welt die islamische in großem Stil angegriffen hatte. Was diesbezüglich in der Diskussion in der Regel nicht beachtet wird, ist die Tatsache, dass die Kreuzzüge letztlich keine Angriffskriege waren, sondern Rückeroberungskriege zur Rückgewinnung der Heiligen Stätten der Christenheit. Die erste Aggression ging nicht von Christen aus, sondern, in diesem Fall, vom Islam, der vom 7. bis weit hinein ins 17. Jh., angefangen mit Mohammed, weite Teile der Christenheit in Nordafrika, Asien und Europa, nämlich Spanien, Sizilien, Süditalien, den Balkan bis hin vor die Tore Wiens mit Krieg und Schwert eroberte oder zu erobern versuchte, und zwar schon sehr früh einschließlich der heiligen Stätten des Judentums und des Christentums in Jerusalem und dem Heiligen Land.

Man stelle sich vor, damals oder heute, etwa durch Streitkräfte des Westens, würden Mekka oder Medina, die heiligsten Stätten der Muslime, erobert und besetzt. Auch eine gewaltsame Rückeroberung würden wir als ihr gutes Recht ansehen. 

Dennoch bleibt bestehen: die Christenheit ist in ihren Kreuzzügen nicht dem Beispiel Jesu gefolgt, schon gar nicht in dem, wie sie faktisch verliefen, da die ursprüngliche Absicht der Päpste ganz und gar pervertiert wurde, vor allem auch bei der Eroberung und Verwüstung Konstantinopels, was ein bleibender Schandfleck für die westliche Christenheit darstellt und die Christen der Ostkirche so nachhaltig schwächte, dass jene eine klare Mitschuld trägt an der späteren Eroberung (1453) von Byzanz und Kleinasien durch die Osmanen.  

Aber genau das führt zu einer zweiten Bemerkung: Nie hat sich das Christentum, wo es Gewalt anwendete, auf seinen Gründer berufen können; vielmehr hat es ihn durch Gewaltanwendung verraten.

Anders verhält es sich bei Mohammed, dem Urbild und Vorbild jedes gläubigen Moslems – das müssen wir trotz allem Respekt vor dem muslimischen Glauben um der historischen Wahrheit willen sagen. Wenn das Vorbild zum Schwert gegriffen hat zur Verbreitung seines Glaubens, wie es historisch der Fall war, dann ist damit auch eine bleibende Option für den kriegerischen Dschihad gegeben.

Dass es unzählige friedliebende Muslime gibt, die Krieg, Schwert, Bomben und Selbstmordattentate niemals als legitimes Mittel in der Auseinandersetzung mit Andersgläubigen ansehen würden, steht dem nicht entgegen. Es gibt viele friedliebende Muslime, aber das ist eine andere Aussage als die, die behauptet, dass der Islam als solcher eine Religion des Friedens sei. Er kann es sein, wenn er entsprechend gelebt wird, aber er kann vom Beispiel des Propheten und von nicht wenigen Stellen des Koran her auch eine Religion des Krieges sein. Die Reaktion auf das Zitat von Papst Benedikt in Regensburg hat uns dies mit großer Deutlichkeit vor Augen geführt. Das nicht zu sehen, würde ein eher naives Verständnis des Islam bedeuten, auch wenn wir die Hoffnung nicht aufgeben sollen, dass sich irgendwann vielleicht doch noch ein ausschließlich friedliches Verständnis des Dschihad durchsetzt.  

Papst Benedikt musste sich um des Friedens und um des Dialogs willen vom Zitat das byzantinischen Kaisers absetzen, und in der Tat ist es wohl auch zu „schroff“ formuliert, wie er selbst es in seiner Ansprache sagte. Das, was er aber damit angesprochen hatte, ist noch lange nicht aus der Welt. Wie überzeugend und schön wäre es, wenn die Führer und große Teile der islamischen Welt die Worte, die Papst Benedikt zitiert hat, dadurch ins Unrecht setzen würden, dass sie mit derselben Empörung und demselben Elan gegen die Gewalt und den Terror aus den eigenen Reihen protestieren und Christen die gleichen Rechte gewähren würden, die sie in den christlichen Ländern genießen. So wie sich das Christentum in der Frage eines ganz klaren Gewaltverzichts erst im Verlaufe der Zeit gleichsam „christianisiert“ hat, und zwar durch besseres Hören auf Seinen Gründer Jesus Christus, können wir nur hoffen, allerdings ohne naiv zu sein, dass auch der Islam insgesamt eines Tages eine solche Bekehrung erlebt.

An uns aber ist es, jedem Moslem mit großem Respekt und christlicher Liebe zu begegnen und vielleicht auch zu erzählen von dem, der lieber Gewalt erlitten als Gewalt geübt hat, Jesus Christus.

Sein Segen behüte Sie an diesem Tag ... 

Zum Schluss noch ein kurzer Blick auf das zweite, das Petrus und zusammen mit ihm die Jünger und heute wir lernen müssen. 

Das Bekenntnis zu Jesus als Messias wird nur vollständig, wenn es auch zur Nachfolge wird, zur Bereitschaft, in die Fußstapfen des gekreuzigten Messias Jesus zu treten. So wie Jakobus in der Lesung sagt: Glaube ohne Werke, ohne das Werk liebender Hingabe, bis hin zur Selbstverleugnung oder sogar der Preisgabe des eigenen Lebens ist tot. Glaube ohne das Werk der Passion, ohne die Bereitschaft, das je eigene und persönliche Kreuz zu tragen, ist nicht christlicher Glaube. Bekenntnis und Tat, Glaube an Jesus und Werk, Zugehörigkeit zum sich hingebenden Jesus Christus und Nachfolge dieses Messias müssen eins werden, damit wahrer Glaube werde. In der Annahme der persönlichen Gebrechen, Krankheiten, Schicksalsschläge, Kreuze unseres Daseins geht der Glaube an Jesus, den Christus auch hinein in unser eigenes Fleisch. Bis wir zu diesem Glauben gelangen, kann es ein langer Weg sein. 

Petrus ist ihn immer tiefer lernend gegangen, bis er selbst zum Gekreuzigten wurde. Hier erst hat sich sein Messiasbekenntnis vollendet. Bitten wir, dass auch unser Glaube auf je unserem eigenen Weg mit je unserem eigenen Kreuz der Vollendung entgegenreife.

Pfr. Bodo Windolf

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