Predigt vom 15. Oktober 2006  - U-Bahn-Eröffnung

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf

Thema: 
"U-Bahn und Kirchturm – Symbole für unser Leben"
Predigttext

Ökumenischer Gottesdienst zur U-Bahn-Eröffnung

 U-Bahn und Kirchturm – Symbole für unser Leben

 Vom englischen Lordkanzler unter König Heinrich VIII, von Thomas Morus, der als Politiker, Familienvater und Märtyrer des Gewissens von Papst Johannes Paul II. zum Patron der Politiker erkoren wurde, stammt folgendes Gebet. „Herr, schenke mir den Sinn für Humor. Gib mir die Gnade, einen Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück kenne im Leben und anderen davon mitteile.“ Vor dem Hintergrund dieses Gebetes wage ich es, meine Ansprache mit einem Scherz zu beginnen, der Pfarrer und Bürgermeister Seite an Seite gleichsam zum Opfer hat und auf vergangene und kommende Ereignisse anspielt.

 In einem Schulaufsatz war folgendes zu lesen: „Am letzten Sonntag wurden unsere neuen Glocken eingeweiht. Der Herr Bürgermeister und der Herr Pfarrer hielten schöne Reden. Danach wurden sie aufgehängt. Seit dem ist es in unserem Dorf viel gemütlicher.“

Nun ja, heute ist weder Glockenweihe noch das erste Glockengeläute das Thema – zu dem ich sie alle übrigens für nächsten Samstag sehr herzlich einladen möchte – sondern die U-Bahn-Einweihung.

 Beim Überlegen, was ich dazu sagen könnte, sind Sie, Herr Bürgermeister, mir gestern zu Hilfe gekommen. Als Sie bei der Begrüßung die Vertreter der Kirchen, der Polizei und der Banken in einem Atemzug nannten, habe ich mir gedacht: Irgendetwas führt unser Garchinger Bürgermeister im Schilde. Das soll ganz sicher eine Herausforderung sein, eine Herausforderung, endlich einmal darüber nachzudenken, was Kirche, Polizei und Bankwesen eigentlich gemeinsam haben?

 Ich habe mich dieser Herausforderung gestellt und zum ersten Mal in meinem Leben tatsächlich darüber nachgegrübelt. Bei der Polizei ist mir recht schnell etwas eingefallen, ich bin auf eine Analogie gestoßen. So wie die Polizei für die Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung Sorge zu tragen hat, so soll die Kirche der göttlichen Ordnung eine Stimme geben.

 Bei den Banken fiel mir das ganze schon schwerer, aber schließlich ist bei mir auch da der Groschen gefallen. So wie Banken die irdischen Schätze der Menschen zu bewahren und zu mehren suchen, so will die Kirche unser Augenmerk auf die himmlischen Schätze lenken, die weder Motten noch Tod zerstören und die daher ewig sind. Alles naheliegende Gedanken, aber Sie sehen man, braucht nur den rechten Anlass, um den eigenen Horizont zu erweitern.

 Und damit komme ich nun endlich zum Thema U-Bahn-Einweihung. Ich finde es sehr schön, dass zwei große Projekte unsere Stadt unter großer Beteiligung der Garchinger Bevölkerung so gut wie gleichzeitig fertig gestellt werden konnten: die Weiterführung der U-Bahn und die Turmrenovierung der alten Garchinger Pfarrkirche. Beides will ich als Symbol für unser Leben nehmen, für etwas, das untrennbar zusammengehört, damit Leben gelingen kann.

 Die U-Bahn, in die riesige Summen irdischer Schätze investiert wurden, steht symbolisch für den tragenden irdischen Boden unserer hiesigen Existenz. Die große Investition erhält Arbeitsplätze, verbessert die Infrastruktur, gibt direkt und indirekt der Wirtschaft dieser Region einen Schub, verbindet einen der renommiertesten Wissenschafts- und Studienstandorte Deutschlands und zwei Städte auf bessere Weise miteinander, und vieles mehr.

 Aber was wäre ein sicherer Boden unter unseren Füßen, der unsere irdische Existenz trägt, ohne einen Himmel, der sich über uns wölbt und zu dem der Turm von St. Katharina die Garchinger seit Jahrhunderten weist. Die U-Bahn steht für irdische Existenzsicherung und Wohlfahrt, damit aber auch für das Wandelbare und Vergehende unseres Daseins, unserer irdischen Schätze und Errungenschaften; der Katharinenturm aber steht für das Bleibende und  Tragende unseres Lebens, für Gott. Wie ein Zeigefinger ragt er in die Luft und verweist uns auf Ihn hin und darauf, dass der letzte Halt nicht unter uns, sondern über uns ist, in Gott allein.

 Ohne Gott verfällt alles Irdische der Nichtigkeit, dem Tod, dem Vergehen. Mit Gott bekommt alles Irdische einen tragenden und bleibenden Sinn, einen tragenden, bleibenden Wert; alles nämlich, was wir hier aus Güte, aus Menschenfreundlichkeit, aus Liebe, aus bewusster Verantwortung vor Gott, Mensch und Schöpfung tun. In diesem Sinn sage ich noch einmal allen Garchingern, allen U-Bahn-Fahrern und Ihnen allen, die Sie den Gottesdienst mitfeiern meinen und unseren Glückwunsch und wünsche Gottes Segen.

Pfr. Bodo Windolf

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