Predigt vom 25. November 2007

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Christkönig - und Eintritt in die Kirche"
Predigttext

Predigt an Christkönig 2007

anlässlich des Übertritts von Frau H. und Herrn D. von der evangelischen zur katholischen Kirche 

Als wir vor einiger Zeit überlegten, auf welchen Termin wir die Feier Ihrer Konversion legen sollten, viel die Wahl auf den heutigen 25. November. Niemand von uns hatte damals im Sinn, dass das der Christkönigssonntag ist. Es war einfach der Termin, der allen irgendwie passte.

Das Ganze also nur Zufall? Vielleicht. Vielleicht hat hier aber auch die verborgene Regie eines anderen ihre Finger im Spiel gehabt, die verborgene Regie Gottes. Ich will es einmal nicht als Zufall nehmen und daher vom Festinhalt des Christkönigtages her Ihren heutigen Übertritt zur katholischen Kirche zu deuten versuchen.  

Christus ist Herr und König – der Kirche, der Welt, des Universums. So kann man den Festinhalt formulieren, ohne Zweifel ganz korrekt und zutreffend, zugleich aber ein wenig abstrakt, blass, wenig berührend.

Einen ganz neuen, vielleicht einen fast erschreckenden Klang bekommt es, wenn ich sage: Der Sinn des Festes ist, als Christ anzuerkennen: Christus ist mein Herr, Er ist der Herr und König meines Lebens.

Auf einmal weicht die abstrakte Ferne einer fast bestürzenden Nähe. Will ich das überhaupt, dass Er der Herr meines Lebens ist? Verliere ich damit nicht meine Autonomie, meine Unabhängigkeit, meine Freiheit?

Mir scheint, dass sich in dieser Frage das Entscheidende kristallisiert, um das es in jedem christlichen Leben geht. Es ist die Frage: Wer ist eigentlich der Herr im Haus meines Lebens? Ich und sonst niemand? Oder bin ich bereit, Gott, Christus mein Leben so anzuvertrauen, dass ich Ihn darin Herr, meinen Herrn sein lasse? Und ist nicht das sogar der Weg zur wahren Freiheit? Einfach deswegen, weil wir an einen Gott glauben, der den Menschen nicht zu versklaven sucht, sondern im Gegenteil, der uns aus den falschen Bindungen, Süchten, Egoismen etc. unseres Lebens in die wahre Freiheit der Kinder Gottes führen möchte.

Doch wie geht das? Reicht es, in eine freischwebende Beziehung zu Jesus Christus einzutreten, in der Er und ich die beiden sind, die die Dinge „mit- und untereinander ausmachen“? Oder hat das Herrsein Jesu in meinem Leben auch etwas mit meiner Beziehung zur Kirche zu tun?

Damit wären wir bei der Frage nach dem Warum der heutigen Konversion. Dazu eine wichtige Vorbemerkung.  

In unseren Gesprächen wurde immer wieder deutlich, dass dieser Schritt keine Abkehr vom evangelischen Glauben bedeutet, sondern dass alles Wertvolle, das Sie dort empfangen haben, als ein wahrer Schatz mitgenommen wird in die neue kirchliche Heimat, die Sie für sich gewählt haben.

Warum dann aber dieser Übertritt? Warum nicht Gott den Herrn meines Lebens sein lassen in der Kirche, in der Sie groß geworden sind? 

Ich möchte Antwort geben mit einem Text von Romano Guardini, auf den ich erst gestern aufmerksam wurde durch den Lesekreis in unserer Pfarrei, in dem wir momentan ein Werk von Guardini lesen.

In den Berichten über mein Leben, die Guardini in den Jahren des 2. Weltkriegs verfasste, berichtet er folgendes. Mit 20 Jahren hatte er den Glauben verloren, er war ihm zerronnen, wie er schreibt; er merkte auf einmal, dass er keinen mehr hatte. Diese bestürzende Entdeckung löste wohl das aus, was seinem Leben die entscheidende Wende gab. Ich möchte an dieser Stelle ihn selbst zu Wort kommen lassen: „Es war in meinem Dachkämmerchen im elterlichen Haus in der Gonsenheimer Straße. Karl Neundörfer und ich hatten über die Fragen, die uns beschäftigten, gesprochen, und mein letztes Wort hatte gelautet: ,Es wird wohl auf den Satz hinaus­kommen: Wer seine Seele festhält, wird sie verlieren; wer sie aber hergibt, wird sie gewinnen. (…) Es war mir allmählich klar geworden, dass ein Gesetz bestehe, wonach der Mensch, wenn er ‚seine Seele behält’, das heißt, in sich selber bleibt und als gültig nur annimmt, was ihm unmittelbar einleuchtet, das Eigentliche verliert. Will er zur Wahrheit und in der Wahrheit zum wahren Selbst ge­langen, dann rnuss er sich hergeben. (. .. )

Ich saß vor mei­nem Tisch, und der Gedanke ging weiter: ,Meine Seele her­geben – aber an wen? Wer ist im Stande, sie mir abzufor­dern? So abzufordern, dass darin nicht doch wieder ich es bin, der sie in die Hand nimmt? Nicht einfachhin ‚Gott’, denn wenn der Mensch es nur mit Gott zu tun haben will, dann sagt er ,Gott’ und meint sich selbst. Es muss also eine objek­tive Instanz sein, die meine Antwort aus jeglichem Schlupf­winkel der Selbstbehauptung herausziehen kann. Das aber ist nur eine einzige: die katholische Kirche in ihrer Autorität und Präzision. Die Frage des Behaltens oder Hergebens der Seele entscheidet sich letztlich nicht vor Gott, sondern vor der Kirche.’ Da war mir zu Mute, als ob ich alles – wirklich ,alles’, mein Dasein – in meinen Händen trüge, wie in einer Waage, die im Gleichgewicht stand. Ich kann sie nach rechts sinken lassen, oder nach links. Ich kann meine Seele her­geben, oder sie behalten.’ Und da habe ich denn die Waage nach rechts sinken lassen. Der Augenblick war ganz still. Da war weder eine Erschütterung, noch eine Erleuchtung, noch irgendein Erlebnis. Es war die ganz klare Einsicht:‚ so ist es – und die unmerklich leise Bewegung: ‚so soll es sein!’“  

Welch erstaunliche und herausfordernde Auskunft aus der Feder dieses großen Ringers um den Glauben in moderner Zeit. „Die Frage des Hergebens der Seele entscheidet sich letztlich nicht vor Gott, sondern vor der Kirche.“ Wie kann man so etwas behaupten?

Der Grund ist folgender: Guardini weiß genau, wie oft Menschen, gerade auch religiöse – ich darf etwas salopp formulieren – ihren eigenen „Vogel“ für den Heiligen Geist halten; sich an der Kirche vorbei ihren eigenen Glauben fabrizieren, und dabei nicht bei Gott, sondern nur wieder bei sich selbst landen; d.h. die eigenen Wünsche und Gedanken zum letzten Maß ihres Lebens machen, indem sie sie in Gott hineinprojezieren. Und so findet er in der „Autorität und Präzision der katholischen Kirche“ jene objektive Instanz, die ihn aus sich selbst herauszieht und tatsächlich vor Gott, vor den wahren Gott als den Herrn seines Lebens bringt.   

Gott, Christus als Herr unseres Lebens begegnet vor allem auch in den Sakramenten. Die Teilhabe an der Eucharistie, der Beichte und der Firmung ist für Sie ein bestimmender Grund für den heutigen Übertritt. 

Im Sakrament der Firmung wird deutlich, dass Christus, der Herr, eine Aufgabe für uns hat, zu der Er uns senden und stärken – das bedeutet „firmare“ – möchte. Wer sich firmen lässt, sagt damit: „Herr, als Gesendeter von Dir möchte ich in meiner Ehe, in meiner Familie, in meinem Beruf, in der Kirche, in der Welt leben. Hilf mir, den Weg zu gehen, den Du mich führst und stärke mich in den Aufgaben, die Du mit anvertraust!“ 

In der Beichte bringe ich vor den Herrn all das in meinem Leben, worin ich Ihn gerade nicht habe Herr sein lassen, sondern anderen Herren dieser Welt oder einfach nur mir selbst, und zwar gegen Gott, gefolgt bin. Die Güte und Barmherzigkeit Seines Herrseins zeigt Jesus mit am tiefsten da, wo Er verzeiht und einen neuen Anfang gewährt. Dabei ist die Beichte der Ort, und die Bereitschaft zur Beichte jene Haltung, in der mit am deutlichsten wird, ob ich Christus wirklich den Herrn meines Lebens sein lassen möchte. Denn das Bekenntnis der persönlichen Schuld ist als solches zugleich das Bekenntnis zu Jesus Christus als Herrn meines gelungenen wie auch verfehlten Tuns. 

Schließlich wird in der Eucharistie wie nirgends sonst deutlich, wie der Herr Herr ist. Er ist es, indem Er sich hingibt für mich. „Das ist mein Leib, hingegeben für euch.“  Christus ist mein Herr, indem Er sich zugleich zum Diener meines Heils macht. Diese Gesinnung soll mir innerlich werden, daher kommt Er in diesem Sakrament in mein Inneres. Wer die Eucharistie so empfängt, der lebt in Christus und Christus in ihm, nicht nur als Herr, sondern zugleich als mein intimster Freund.  

So habe ich ein wenig zu deuten versucht, was das heutige Christkönigsfest für Sie drei und selbstverständlich für uns alle bedeuten will. Dass der Herr mehr und mehr Herr in unser aller Leben werde und wir Ihn so unter uns gegenwärtig machen, dazu wünsche ich Ihnen und uns allen Seinen Beistand, seine Kraft und seinen Segen.

 Pfr. Bodo Windolf

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