Predigt vom 6. Januar 2008 (Hl. Drei König)

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Wie historisch zuverlässig ist die Erzählung von den Weisen aus dem Morgenland?"
Predigttext

Predigt zum Fest „Erscheinung des Herrn“ 2008

Wie historisch zuverlässig ist die Erzählung von den Weisen aus dem Morgenland?

Wie zuverlässig ist eigentlich das, was wir soeben gehört haben? Muss man es nicht in den Bereich der frommen Legende ansiedeln? Einfach eine Erzählung über die wunderbare Errettung eines Königskindes bzw. eines bedeutenden Menschen, wofür es in der antiken Literatur viele Beispiele gibt? Erzählungen, in denen die spätere Bedeutung schon in die Kindheit hinein vorweggenommen wird? Gibt es nicht auch auffällige Parallelen zur Errettungsgeschichte des Mose? Gerade Matthäus schildert Jesus ja als den   Überbieter des Mose. Muss man daher nicht annehmen, dass diese alttestamentliche Geschichte ihm als Vorlage für seine Erzählung gedient hat? So oder so ähnlich urteilen jedenfalls viele Exegeten, verbannen die Erzählung von den drei Magiern aus dem Morgenland in den Bereich der Legende und sprechen ihr ab, eine historische Begebenheit wiederzugeben.

Vor solchem Hintergrund ist es hilfreich, neben der Bibelwissenschaft auch andere Wissenschaften zu Rate zu ziehen, und da wissen Archäologie und Astronomie Erstaunliches zu berichten. Besonders akribisch stellen sich diesbezüglich die Forschungen des Astronomen Konradin Ferrari d`Occhieppo dar, Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaft. 

Zunächst zu den „magoi“, von denen Matthäus berichtet. Das griechische Wort bezeichnet nicht Könige, in die frommer Volksglaube sie später verwandelt hat – wohl aufgrund der königlichen Gaben, die sie mitbrachten - ; vielmehr meint „magoi“ Berufsastronomen, die an antiken Sternwarten tätig waren und wohl auch Sterndeutung, also Astrologie, betrieben. Es waren Nicht-Juden, also Heiden, die der obersten Bildungsschicht ihres Landes entstammten. Berühmt war in jener Zeit vor allem die Sternwarte in Sippar bei Babylon. Darauf könnte ihre Herkunft aus dem „Ostland“ verweisen, von dem Matthäus spricht. Und in der Tat entdeckten Archäologen in Sippar am Euphrat eine Keilschrifttafel aus dem Jahre 8 v. Chr., die alle größeren Planetenbewegungen des folgendes Jahres vorausberechnete. Fünfmal wird auf ihr das Hauptereignis dieses Jahres erwähnt, nämlich die Begegnung der Planeten Jupiter und Saturn. Jupiter galt als Planet des Weltenherrschers, der höchsten Gottheit, Saturn u.a. als Planet Palästinas, als Stern der Juden. Da ganz in der Nähe von Sippar das jüdische Handels- und Bildungszentrum von Pumbedita lag und jüdische und babylonische Gelehrte regen Austausch pflegten, waren letztere sicher gut informiert über jüdische messianische Erwartungen dieser Zeit.

Für den 15. Sept. und den 12./13. November des Jahres 7 v. Chr. wurde diese Konjunktion nun errechnet. Außerdem war vom 12. bis 23. Nov. täglich ein von Astronomen als Zodiakallicht bezeichnetes Phänomen zu sehen. Diese gelegentlich vom Jupiter ausgehende Himmelserscheinung kann auch heute noch beobachtet werden. Wie ein breiter, kegelförmiger Lichtstrahl wies dieses in der freien, von keinem elektrischen Licht erhellten Landschaft weithin sichtbare Zodiakallicht von Jerusalem aus wohl Richtung Süden nach Bethlehem. All das sind keine Phantasien, sondern für jeden Mathematiker und Astronomen nachvollziehbare und errechenbare Fakten. Der erwähnte Prof. d`Occhieppo, bis 1978 Vorstand des Instituts für theoretische Astronomie an der Universität Wien konnte nachweisen, dass der Bericht des Matthäus bis in Einzelheiten hinein zuverlässig und glaubwürdig ist. Im übrigen hatte schon Johannes Kepler erstmals 1606 eine Konjunktion von Jupiter und Saturn für das Jahr 7 v. Chr. errechnet und darin den „Stern von Bethlehem“ erkannt.

Auch der Kindermord – die Zahl der unter zweijährigen  Buben dürfte damals im kleinen Bethlehem sicher unter einem Dutzend gewesen sein – passt zu dem, was der Geschichtswissenschaft über König Herodes bekannt ist: Aus Angst um seinen Königsthron ließ er z.B. drei seiner Söhne umbringen, zwei davon, Alexander und Aristobul, im Jahr 7, also im vermuteten Geburtsjahr Jesu. Neben unzähligen anderen ließ dieser misstrauische und skrupellose Herrscher auch zahlreiche Pharisäer kaltblütig hinrichten, die gegen ihn eine Prophezeiung geäußert hatten, dass bald ein messianischer König geboren werde. Man sieht daran im, wie brodelnd in dieser Zeit tatsächlich die Erwartung auf die Ankunft des Messias im Land der Juden war.

Genau so deutlich wird aber auch, dass die von vielen Exegeten betriebene „Hermeneutik des Misstrauens“ gegenüber der historischen Zuverlässigkeit der neutestamentlichen Berichte vielfach einfach unsachlich ist. Es gibt viele Hinweise dafür, dass sie die Ereignisse des Lebens, Sterbens und Auferstehens Jesu viel exakter als oftmals vermutet wiedergeben.

Was der Evangelist Matthäus mit seinem Bericht aussagen möchte, liegt auf der Hand. Von Anfang an wird Jesus als der gezeigt, der nicht nur für das jüdische Volk, dem Er entstammt, als Messias, Erlöser, Retter, als Immanuel, als „Gott mit uns“ geboren wird, sondern für alle Menschen. Die Magier stehen für die Heidenvölker insgesamt. In den Magiern haben auch sie sich auf den Weg zur Krippe gemacht, beten auch sie den an, der niemanden vom Heil ausschließen möchte.

Wie zeigt Gott sich ihnen? Er zeigt sich in der Sprache, die sie verstehen, hier also in der Sprache der Sterne. Nicht nur durch die Bibel redet Gott zu Menschen, sondern auch durch Ereignisse der Natur. Das „Buch der hl. Schrift“ und das „Buch der Natur“ ergänzen einander. Aber natürlich dürfen wir das auch auf uns selbst beziehen. Gott spricht auf vielfältigste Weise zu jedem Menschen, auch zu uns, zu mir; und zwar in der Sprache, die wir verstehen, die ich verstehe. Nur aufmerksam müssen wir, muss ich sein, hörend, damit rechnend, dass Gott zu mir redet, meist in sehr leiser Sprache, aber vernehmlich, wenn ich über der Beschäftigung mit so vielem anderen nicht beständig und gedankenlos weghöre.

Wichtig ist, auch bereit zu sein, Dinge zu vernehmen, die ich nicht erwarte; die nicht in mein Bild von Gott und dem passen, was Er mit mir vorhat. So erging es auch den Magiern aus dem Morgenland. Den neugeborenen König der Juden – ja wo soll man Ihn finden? Natürlich in der Hauptstadt, in Jerusalem, und dort im Königspalast, wo sonst? Dann aber werden sie weiterverwiesen an das kleine Nest Bethlehem. Dort, wo sie niemals gesucht hätten, dort werden sie das göttliche Kind finden. Nur eine Bedingung müssen sie erfüllen: sie müssen sich auf den Weg machen und das als unmöglich Erachtete als das Mögliche annehmen. So – und nicht anders lässt Gott sich finden. So werden auch wir Ihn finden, täglich neu, wenn wir täglich auf dem Weg sind – zu Ihm. 

 Pfr. Bodo Windolf

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