Predigt vom 25. Mai 2008 (Sonntag nach Fronleichnam)

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Sinn der Eucharistie"
Predigttext

Fronleichnam 2008 in Hochbrück

Es ist so etwas wie ein Wendepunkt im Leben Jesu, die Szene, aus der wir soeben einen Ausschnitt gehört haben. Es ist die sog. „Brotrede“ oder „eucharistische Rede“ aus dem Johannes-Evangelium.  Vorausgegangen ist das Wunder der Brotvermehrung, die Speisung der Vielen, die Jesus in die Einöde gefolgt waren, um zunächst das „Brot Seines Wortes“ zu empfangen. Was Er in der Versuchungsgeschichte dem Teufel versagt hatte – aus Steinen Brot zu machen, um die Menschen über die Sattheit der Bäuche zu gewinnen – das tut Jesus in dem Augenblick, in dem sich Menschen von Seinem Wort, vom Wort Gottes haben ansprechen lassen. Nicht aus Steinen wirkt Er das Brotwunder, sondern aus dem Wenigen, das ein kleiner Knabe für alle zur Verfügung stellt.

Und nun sieht man, wie schnell äußerste Begeisterung umschlagen kann in äußerste Ablehnung. Man ist so begeistert von dem Erlebten, dass man seiner habhaft werden möchte, um ihn zum König zu machen, wie Johannes schreibt. Das ist unser Mann, den machen wir zu unserem Anführer, zu unserem König, in dem wirken Kräfte, die uns des Lebens Last erleichtern, der könnte es schaffen, die Römer loszuwerden.

So oder so ähnlich mögen die Leute gedacht haben, aber Jesus hat alles andere als das im Sinn. So entzieht er sich der Menge, um an einem einsamen Ort allein zu sein. Am nächsten Tag treffen ihn einige von denen, die dabei waren, in Karphanaum wieder und fragen, wo er war.

Nun folgt jene große Rede, die Jesu Zuhörer hinlenken will auf ein anderes Brot, das Brot, das Er selber ist. „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.“ Bis dahin hat man Ihm wohl folgen können. Doch mit der nächsten Aussage taten sich die Menschen von damals schwer, so wie wir Heutigen wohl auch: „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt … Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben … Mein Fleisch ist wirklich eine Speise und mein Blut ist wirklich ein Trank.“ 

Die Reaktion nach dieser ausführlichen Rede Jesu ist eindeutig. Viele von denen, die Jesus bis zu diesem Zeitpunkt gefolgt sind, verlassen Ihn. „Deine Rede ist unerträglich, wer kann sie hören?“

Statt zu beschwichtigen oder auch nur ein Jota zurückzunehmen, fragt Jesus nun auch Seine Jünger: „Wollt auch ihr gehen?“, worauf Petrus die unvergessliche Antwort gibt: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens.“

Wir können ziemlich sicher sein, dass auch Petrus und mit ihm die anderen Jünger kaum etwas von den Worten Jesu verstanden haben. Es ist ein Vertrauen auch ins Nicht-Verstehen hinein, das ihn und die anderen veranlasst, auch jetzt noch zu Jesus zu halten, da sich die Sympathie von Ihm abzuwenden und die Zustimmung zu schwinden beginnt.

Es muss um etwas ganz Zentrales gehen, wenn Jesus hier so kompromisslos spricht. Es geht um die Frage nach dem rechten Verständnis dessen, was Er am Abend vor Seinem Tod Seiner Kirche als das Sakrament der Eucharistie hinterlassen wird. Auch im Streit der Konfessionen scheiden sich die Geister in Bezug auf das rechte Verständnis der Eucharistie. Das war also damals so, und ist es bis heute.

Gibt es einen Zugang zu dem, was Jesus hier sagt?

Der Schlüssel zum rechten Verständnis ist wohl der Satz: „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es für das Leben der Welt.“

Fleisch meint nach hebräischem Verständnis nicht einfach nur den Körper, sondern immer den ganzen Menschen. Es steht für die Person insgesamt. Mit der genannten Aussage bindet Jesus das sakramentale Brot ganz eng und untrennbar an Sein Leben, das er am Kreuz in den Tod gibt, also an Sein Leben, Sterben und Auferstehen. Man könnte also anstelle von Fleisch auch sagen: „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Leben; das bin Ich als Menschgewordener, der unter euch gelebt hat, gewaltsam zu Tode gebracht wurde, aber auferstand. Es ist mein hingegebenes Leben für das Leben der Welt.“

Dieses sakramentale Brot, in dem Jesus sich über alle Zeiten und Orte hinweg den Menschen vergegenwärtigt, ist daher wahrhaft Er selbst. Wenn darin nicht nur sein Leben, sondern auch sein Tod, sein Leiden und Sterben am Kreuz, nicht minder aber natürlich seine Auferstehung enthalten ist, dann nennt Jesus damit auch den Preis, den Er sich dieses Sakrament hat kosten lassen.

Dabei versteht es sich von selbst, dass sich die Gegenwart Jesu in den Gestalten von Brot und Wein nicht auf der chemischen Ebene vollzieht. Die katholische Theologie spricht hier von „Wesensverwandlung“. Das bedeutet: Auch wenn unsere Augen auf der chemisch-physikalischen Ebene nach wie vor Brot und Wein sehen und schmecken und fühlen, so ist das innere Sein dieser Gestalten nicht mehr Brot und Wein, sondern Christus selbst; ganz und ungeteilt ist Er, oder besser: macht Er sich in diesen Gestalten gegenwärtig und gibt sich als Speise. Wie sich das vollzieht, entzieht sich unserem Verstand, ist nur zugänglich dem Glauben; einem Glauben, der es für möglich hält, dass die Liebe Gottes diese Liebesgabe zu erfinden vermag und als eine Seiner unendlichen Möglichkeiten ansieht.

Dieser Glaube, Jesus wahrhaftig in der Eucharistie zu empfangen, ist im übrigen eine der notwendigen Voraussetzungen, um zum Empfang der Hostie nach vorne treten zu dürfen. Paulus schreibt im 1. Korintherbrief (11,29): „Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt.“

Von den allerersten Zeiten der Kirche an ist dieses Sakrament mit der allergrößten Ehrfurcht und Sorgfalt empfangen und umgeben worden. Leider haben viele Menschen heute vieles von dieser Ehrfurcht verloren.

Wozu braucht es dieses Sakrament? Wozu hat Jesus es eingesetzt?

„Tut dies zu meinem Gedächtnis“, sagt Jesus im Abendmahlssaal. Dies ist ein klarer Auftrag an Seine Freunde. Wie nirgends anderswo, selbst noch mehr als im Wort der hl. Schrift, ist in diesem Sakrament das Gedächtnis, die Erinnerung an Jesu Leben, Sterben und Auferstehen enthalten und aufgehoben. Papst Johannes Paul hat in seiner Enzyklika über die Eucharistie von einem „Verlust des christlichen Gedächtnisses“ in Europa gesprochen. Alexander Kissler, der vor einiger Zeit Gast in Garching war und u.a. für die SZ schreibt, hat in einem kürzlichen Beitrag geschrieben: „Erinnerungslos ist unsere Gesellschaft zwar nicht geworden, wenn man unter Erinnerung den Zugriff versteht zu einer irgendwo von irgendwem gespeicherten Information, die, vorzugsweise an Jubiläen, von den jeweiligen Experten rasch recycelt werden kann. In diesem Sinn erinnern wir uns an das ‚Wunder von Bern’ und die Einführung des Euro, an ‚89’ und an Friedrich Schiller. Die hierfür prädestinierten Speicher sind Briefmarken zu den Jahrestagen. Mehr, als sie fassen, braucht nicht erinnert zu werden, mehr als sie anzeigen, ist nicht erinnerungstauglich. Ein Gedächtnis hat die Gesellschaft deshalb gerade nicht.“ (TP v. 10.5.08, S. 9)

Die sonntägliche Eucharistie ist notwendig und unverzichtbar für die Fülle des christlichen Gedächtnisses, des Gedächtnisses an Jesus Christus, der sich hingegeben hat für uns, für mich, und mich von innen her mit dieser Gabe, mit dieser Selbstgabe erfüllen möchte, damit auch ich mein Leben zu einer Gabe mache; zu einer Gabe für Ihn und für andere Menschen.

Das ist der Sinn der Eucharistie: Die Bewahrung des Gedächtnisses an meine und unsere Erlösung und dass ich mich durch diese verwandelte Gabe selbst verwandeln lassen, verwandeln lasse auf das Bild Christi hin.

 Pfr. Bodo Windolf

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