Predigt vom 28. Dezember 2008

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Kindern Bejahung und Geborgenheit schenken im Schoß der Familie"
Predigttext

Sonntag in der Weihnachtsoktav – Fest der Heiligen Familie 2008 

Kindern Bejahung und Geborgenheit schenken im Schoß der Familie 

Am heutigen Sonntag fallen das „Fest der Heiligen Familie“ und das „Fest der unschuldigen Kinder“, das die Kirche immer am 28. Dez. in Erinnerung an den Kindermord in Bethlehem durch König Herodes begeht, zusammen. Beide Feste passen auch gut zusammen. Die Heilige Familie lenkt unseren Blick auf unsere eigene Familie und die Familie überhaupt. Das Fest der unschuldigen Kinder will unsere Aufmerksamkeit auch und gerade auf die gefährdeten Kinder unserer Zeit lenken: die abgetriebenen, verwahrlosten, misshandelten und missbrauchten unter ihnen. All das zeigt, dass kaum etwas wichtiger ist für ein Kind als das Angenommenwerden und die Geborgenheit in einer intakten Familie.

Dass ein Kind überhaupt angenommen und ausgetragen wird, ist ja in unserer Gesellschaft inzwischen alles andere als selbstverständlich. Viel zu viele Menschen in unserem Land entscheiden sich gegen ein Kind und z.B. für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn es den persönlichen Lebensplänen im Wege steht. Die gesetzliche Regelung des Paragraphen 218 ist seit 3 Jahrzehnten für Millionen von Ungeborenen so kinderfeindlich und tödlich, wie es die Schergen von König Herodes waren.

Das Tragische ist: Manchmal sind es ganz kleine und einfache Dinge, die einer Mutter helfen könnten, ja zu ihrem Kind zu sagen. Um dies zu illustrieren, möchte ich den kurzen Bericht einer Mutter vorlesen, die das Glück hatte, eine wirklich lebenschützende Beratungsstelle aufzusuchen, die ihr die von ihr benötigte finanzielle und vor allem auch seelische Hilfe gab:

Schon beim vierten Kind hatte ich an Abtreibung gedacht, aber jetzt ging es wirklich nicht mehr! Ich war fix und fertig. Mein Mann und ich wohnten mit unseren in einer 2 1/2-Zimmer-Wohnung … Und nun schon wieder schwanger! Die Kleinste war ja auch erst sieben Monate! Wohin mit einem fünften Kind? Nein, jetzt war es wirklich zu viel! Mein Mann meinte zwar: «Wo 4 Kinder sind, da kriegen wir auch 5 satt», überließ aber die Entscheidung mir. Ich hatte genug davon, immer die starke Frau sein zu müssen, die alles unter Kontrolle hat, und dass niemand bemerkte, wie anlehnungsbedürftig und erschöpft ich eigentlich war!

Mein Arzt redete mir zu, aber ich verschloss meine Ohren ebenso wie mein Herz. Ich ging zur Beratung und erklärte, dass meine Familienplanung abgeschlossen ist. Was dann folgte, war neu für mich: Zum ersten Mal sprach ich mit einem Menschen, der meine Probleme nicht kleinredete, der erkann­te, wie hoffnungslos überfordert ich war. In vielen weiteren Gesprächen gewann ich nach und nach wieder Selbstvertrauen und begriff schließlich:

«Wenn ich dieses Kind abtreibe, kann ich meinen anderen Kindern nicht mehr in die Augen schauen!»

Dank der finanziellen und seelischen Hilfe durch die BIRKE wohnen wir nun in einer 4-Zimmer-Wohnung … Die Geburt unseres 5. Kindes steht unmittelbar bevor.

Dieser kleine Bericht macht deutlich, worauf es in einer Familie ankommt.

Das Erste und Wichtigste ist die Erfahrung: es sagt jemand ja zu mir und meiner Situation. Denn nur wenn ein Mensch Bejahung und Angenommensein spürt und erfährt, wird er auch fähig, selbst ja zu sagen zu einem anderen Menschen.

So hat die Beraterin zu dieser Mutter von vier Kindern ja gesagt als werdende Mutter eines 5. Kindes. Im Gegensatz dazu müssen sich heute kinderreiche Familien leider immer wieder abfällige Bemerkungen anhören. Es wäre, so meine ich, unser aller Aufgabe, solchen Familien zu zeigen, dass man sie schätzt und unterstützt.

Weiter hat die Beraterin ja gesagt zu ihr als einer Frau, die täglich unendlich viel leisten muss und sich dabei oft hoffnungslos überfordert fühlt. Sie hat ja zu ihr gesagt, indem sie ihr einfach nur zuhörte; sie hat ja gesagt, indem sie ihre Not, ihre Probleme, ihr Überfordertsein wahrnahm und ernst nahm, anstatt sie abzutun und kleinzureden.

Es ist offensichtlich, dass es in ihrer Ehe ein akutes Kommunikationsproblem gab. Was zeigt, dass in jeder Ehe und Familie immer wieder einmal überprüft werden müsste: Worüber sprechen wir eigentlich? Sind es überwiegend Belanglosigkeiten, in denen ich selbst und der Ehepartner gar nicht wirklich vorkommen mit dem, was einen wirklich und eigentlich beschäftigt? Es ist eine besonders grausame Form von Einsamkeit in einer Beziehung, wenn kein Raum für Zuhören ist, keine Achtsamkeit für den Gesichtsausdruck, die Körperhaltung, für die Zwischentöne im Gesagten, für das nur Angedeutete.

Und das gilt natürlich auch für die Kinder. Kinder brauchen Eltern, die sich Zeit nehmen zum Anhören all dessen, was sie beschäftigt. Es ist seelische Folter, wo Kinder überwiegend die Erfahrung machen, dass sie abgewimmelt werden, dass man sie immer wieder auf später vertröstet, oder ihre kleineren und größeren Nöte zu wenig ernst nimmt.

Ein solches Ja zum eigenen Ehepartner und zum Kind ist immer auch ein Widerklang des vollkommenen Ja, das Maria gesagt hat, als Gott sie durch den Engel fragte, ob sie bereit sei, dieses ganz besondere Kind, Seinen eigenen Sohn, anzunehmen. Es ist ein Widerklang des Ja, das Josef gesagt hat, als er Maria nicht aus der Ehe entließ, sondern zu sich nahm, obwohl der Anschein gegen die Treue seiner Frau sprach. Es ist ein Widerklang des Ja, mit dem Maria und Josef Jesus annahmen und beschützten: auf der Flucht nach Ägypten, bei der angstvollen, drei Tage dauenden Suche nach ihm in Jerusalem; zuletzt beim Zu-Ihm-Stehen unter dem Kreuz, als er als Verbrecher hingerichtet wurde.

Das Ja-Sagen zueinander, das achtsame Hören aufeinander in der Familie – das bedeutet, in den Spuren der Heiligen Familie gehen. 

 Pfr. Bodo Windolf

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