Predigt vom 18. Mai 2008 (Dreifaltigkeitssonntag)

St. Severin Garching

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Prediger:
Kaplan Claus Bayer,
St. Severin Garching 

Thema:

"Dreifaltigkeitssonntag"
Predigttext

Kaplan Bayer: Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag 2008
18. Mai 2008
 

Liebe Mitchristen!

Am heutigen Tag lenkt die Liturgie unsren Blick auf ein Glaubensgeheimnis, das nicht eines neben vielen anderen ist, sondern das zentrale Geheimnis des christlichen Glaubens überhaupt darstellt: Den Glauben an einen Gott in drei Personen.

Dass unser christlicher Glaube von seinem Wesen her trinitarisch ist, zeigt etwa der Abschluss des Matthäusevangeliums: Bevor der auferstandene Christus seine Jünger verlässt, um zum Vater heimzukehren, gibt er ihnen folgenden Auftrag: „Gehet zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“.

Christ wird man also dadurch, dass man durch die Taufe hineingenommen wird in die Lebens- und Liebesgemeinschaft der drei göttlichen Personen. Und dazu gehört, alles zu befolgen, was Jesus gelehrt hat – damit die Taufgnade Frucht bringt und der Getaufte immer mehr ein Kind des Vaters, ein Bruder des Sohnes und ein Freund des Heiligen Geistes werden kann.

Wie sehr der christliche Glaube vom Bekenntnis der Dreifaltigkeit geprägt ist, zeigt ein Blick auf die Glaubenspraxis der Kirche: Kein Sakrament, keine liturgische Feier, kein persönliches Gebet, das nicht im Namen des dreifaltigen Gottes begonnen, vollzogen und beendet würde. Jedes Kreuzzeichen „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ lädt uns ein, den Glauben an die Dreifaltigkeit Gott zu erneuern, damit wir immer mehr hineinwachsen in die Gemeinschaft mit den drei göttlichen Personen.

Zunächst einmal ist es wichtig, zu verstehen, warum wir als Christen an die Trinität glauben. Immer wieder wird behauptet, der Glaube an einen Gott in drei Personen sie das Ergebnis philosophischer oder theologischer Spekulationen. Genau das aber ist nicht der Fall. Wir glauben nicht an den Dreifaltigen Gott, weil spitzfindige Gelehrte sich das ausgedacht haben, sondern weil Gott sich als der Dreifaltige offenbart hat.

Das Volk Israel erfährt Jahwe als den einen und einzigen Gott, der nicht nur über den Himmeln thront, sondern seinem Volk beisteht, es immer wieder beschützt und befreit. Somit erweist Gott sich als derjenige, der den Menschen zugewandt ist und ihnen wohlwollend gegenübersteht. Er ist der Gott für uns.

Durch das Kommen Jesu wird die Gotteserfahrung Israels nicht aufgehoben, sondern vertieft. Jesus bekennt sich zum Glauben an den einen Gott, seinen Vater. Aber zugleich nimmt er von sich in Anspruch, nicht nur Mensch, sondern der göttliche Sohn zu sein, der in die Welt gekommen ist, um die Menschen zu erlösen. In Jesus wird Gott für uns berührbar, greifbar. Jesus ist der Immanuel- der Gott mit uns.

Eine weitere Erfahrung, die mit dem Kommen Jesu verbunden ist, ist die Geisterfahrung. Jesus verkündet und sendet seinen Jüngern den Heiligen Geist. Die Jünger erfahren den Geist Gottes als jemand, der in ihnen und durch sie wirkt. Er hilft ihnen, das, was Jesus verkündet hat, zu glauben und zu leben. Der Heilige Geist erweist sich als der Gott in uns.

Und so bekennen die Christen von Anfang an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist als drei, die göttlich und voneinander verschieden sind: Der Vater ist Gott für uns, der Sohn Gott mit uns, der Heilige Geist Gott in uns. Und dennoch handelt sich nicht um drei Götter. Denn ihr Gottsein und ihr göttliches Wirken sind so eng miteinander verbunden, dass sie ein einziger Gott sind.

Das Dogma von dem einen Gott in drei Personen, wie es im dritten und vierten Jahrhundert endgültig formuliert wird, ist also keine nachträgliche Neuerung, sondern bringt nur das zum Ausdruck, was die Christen von Anfang an geglaubt haben.

Ein solcher Glauben stellt eine große Herausforderung für das menschliche Denken dar – damals wie heute. Die großen Theologen der ersten Jahrhunderte sind dieser Herausforderung nicht ausgewichen. Sie haben versucht, aufzuzeigen, dass ein solcher Glaube zwar die Fähigkeiten unserer Vernunft übersteigt, aber dennoch nicht unvernünftig ist.

Deshalb haben sie den Satz geprägt von dem einen göttlichen Wesen in drei Personen. Mit „göttlichem Wesen“ ist das gemeint, was zum Gottsein dazugehört, etwa ewig, allmächtig, allwissend zu sein. Mit Person ist jemand gemeint, der sich selbst und anderes erkennen und lieben kann. Wen es um die Frage nach der Person geht, also um die Frage, wer Gott ist, dann lautet die Antwort: Drei. In Gott sind drei Personen, nämlich Vater, Sohn und Heiliger Geist. Zu Gott beten, heißt, zu diesen dreien zu beten.

Wenn es um die Frage geht, was und wie Gott ist, dann lautet die Antwort: In Gott ist nur ein einziges Gottsein, das allen drei Personen gemeinsam ist. Jeder von ihnen ist gleich ewig, allmächtig, allwissend. Und da der Sohn von Ewigkeit her vom Vater gezeugt wird, der Geist aber von Ewigkeit her aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, sind alle drei so eng und untrennbar miteinander verbunden, dass sie übereinkommen in ein- und demselben Gottsein.

Natürlich ist mit solchen Überlegungen das Geheimnis der Dreifaltigkeit nicht erschöpfend dargestellt. Aber das ist auch gar nicht ihr Ziel. Sie wollen uns zunächst einmal zeigen, dass der Glaube an die Dreifaltigkeit nicht vernunftwidrig ist. Vor allem aber wollen sie einsichtig machen, was Jesus uns über Gott und unsere Gemeinschaft mit ihm offenbart hat:

Vom Vater geht alles Leben aus, sein Sohn führt die verirrte Menschheit zum Vater zurück, der Geist leitet die Kirche und schafft Gemeinschaf mit Gott und untereinander. In diesem dreifaltigen Geschehen liegt der Sinn der Menschheit und auch der Sinn unseres Lebens.

Es mag uns schwer fallen, dies nicht nur mit den Lippen zu bekennen, sondern aus wirklich zu glauben. Da kann uns der Gedanke helfen, dass Vater, Sohn und Heiliger Geist längst in Beziehung zu uns getreten sind: In der Taufe hat uns der Vater als seine Kinder angenommen, der Sohn uns als Bruder erlöst und der Heilige Geist uns zu seinen Freunden gemacht. In den Sakramenten und im persönlichen Beten wird diese Beziehung vertieft. So brauchen wir im Gottesdienst, im Gebet und in unserem Leben nur das nachzuvollziehen, was uns von Gott her bereits geschenkt ist: Die Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist in der Einheit des einen göttlichen Wesens. Uns dieser Gemeinschaft zu öffnen und aus ihr zu leben – dazu will uns der heutige Dreifaltigkeitsonntag einladen. Amen.

Kaplan Claus Bayer

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