Predigt vom 24. Mai 2008

St. Severin Garching

[Zurück zu Predigten/Sakramente] 
Prediger:
Kaplan Claus Bayer,
St. Severin Garching 

Thema:

"Um Nichts sorgen ....alles dem Herrgott überlassen?"
Predigttext

Kaplan Bayer: Predigt zum 8. Sonntag Jk, 24./25. Mai 2008

in Garching u. Hochbrk; Ev.: Mt 6,24-34

Liebe Mitchristen,

dem heutigen Evangelium dürften viele von uns wohl mit gemischten Gefühlen begegnen. Natürlich ist es nicht gut, unser Leben nur an materiellen Dingen auszurichten, also nur dem Mammon zu dienen. Das leuchtet uns ein. Aber macht man es sich nicht zu leicht, wenn man sich um nichts sorgen, sondern alles dem Herrgott überlassen soll? Ist so etwas nicht ein Freibrief zu einem Leben auf Kosten anderer?

Ich denke, so ist es nicht gemeint. Doch bevor wir uns näher mit dem heutigen Evangelium beschäftigen, möchte ich auf etwas anderes hinweisen: Rund 2000 Jahre trennen uns von diesem Text, doch wie zeitnah ist er! Unendlich viel hat sich verändert seit damals, aber eins ist sich gleichgeblieben: Der Mensch. In allem Wechsel und Wandel der Zeiten bleiben wir dieselben mit unseren Sehnsüchten und Träumen, mit unseren Fehlern und Verstrickungen.

Jesus kennt die Sehnsüchte und Gefährdungen des Menschen wie kein anderer. Wenn wir die Evangelien aufmerksam lesen, sehen wir, dass er ein sehr guter Beobachter war. Er interessierte sich für die Lebensumstände, für die Mühen und Sorgen seiner Zeitgenossen.

Vor allem aber weiß er um das, was im Herzen des Menschen vor sich geht. Jesus ist unzähligen Männern und Frauen aus allen Schichten begegnet. Und dabei hat er immer wieder erfahren, wie schwer sich die Reichen und Wohlhabenden mit ihm und seiner Botschaft taten. Nicht schon deshalb, weil sie über materiellen Besitz verfügten. Sondern, weil das Streben nach immer mehr Besitz sie blind machte für Gott. In diesem Sinn gilt: Man kann nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon.

Hier liegt die Bedeutung des heutigen Evangeliums gerade für unsere Zeit. Denn es scheint mir ein Zug unserer Zeit zu sein, dass ein schleichender Materialismus immer mehr um sich greift. Die kommunistischen und sozialistischen Regime Osteuropas propagierten einen offenen, letztlich ziemlich primitiven Materialismus. Eines Tages würde es dem sozialistischen Menschen gelingen, das Paradies auf Erden zu schaffen. Ein Paradies, in dem alle gleichermaßen Zugang zu den materiellen Gütern hätten. Der Kommunismus ist an seinen eigenen Widersprüchen gescheitert. Und man kann nur sagen: Gott sei Dank. Aber der Materialismus hat deswegen noch lang nicht abgedankt. Ganz im Gegenteil. Er macht sich in unseren westlichen Gesellschaften immer mehr breit – oft, ohne dass uns das bewusst ist.

Es ist manchmal schon erschreckend, wie sehr Glück und Erfüllung in unserer Zeit gleichgesetzt werden mit materiellem Wohlstand und physischer Gesundheit. Mit all den fatalen Folgen, die sich aus einer solchen Weltsicht ergeben. Wenn ein ungeborenes Kind die materielle Zukunft der Eltern zu bedrohen scheint, darf man es töten. Das ist heute leider so selbstverständlich geworden, das selbst wir Christen uns kaum noch trauen, Einspruch zu erheben. Und wenn es um die eigene Gesundheit geht, dann scheint alles erlaubt, was diesem Ziel dient. Denken wir nur an die sogenannte verbrauchende Embryonenforschung. Natürlich sind das zwei besonders krasse Beispiele. Aber sie zeigen, wohin ein ausufernder Materialismus führen kann. In unserem Alltag begegnen uns meist harmlosere Formen. Da gibt es den Jugendlichen, dessen Lebensziel darin besteht, viel zu verdienen, damit er sich schicke Klamotten oder ein dickes Auto leisten kann. Oder wir begegnen dem Erwachsenen, der sich damit zufrieden gibt, ein gesichertes Einkommen zu haben und zweimal im Jahr in Urlaub fahren zu können. Solche und ähnlich Haltung finden wir aber nicht nur bei anderen. Auch wir selbst sind immer wieder versucht, den materiellen Gütern einen zu großen Platz einzuräumen.

Letztlich spielt es keine Rolle, in welcher Form sich der Materialismus zeigt: Er stellt immer eine Bedrohung dar für uns selbst, für den Zusammenhalt menschlicher Gemeinschaft und für unseren Glauben. Mitten in diese Situation hineinein trifft uns das Wort des heutigen Evangeliums. Es will uns ermutigen, vom Karussell des Immer-mehr-haben-Wollens abzuspringen. Es will uns vor Augen führen, in welchen Teufelskreis wir geraten, wenn wir den Mammon zum Herrn machen. Wer ihm dient, der vergeudet sein Leben und verkauft seine Seele.

Also doch die Hände in den Schoss legen, nur noch in den Tag hineinleben? Ich denke, das Evangelium ist weit davon entfernt, eine solche Haltung zu propagieren. Sein Dreh- und Angelpunkt ist nämlich der Satz: „Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen.“ Das also ist unsere Aufgabe. Wir sollen am Aufbau des Reiches Gottes mitarbeiten. Wir sollen dabei mithelfen, dass Gott erkannt und geliebt wird; dass seine Gerechtigkeit in diese Welt einziehen kann. Mit den Händen im Schoss ist ein solcher Auftrag sicherlich nicht zu erfüllen. Im Gegenteil, es kostet Kraft und Mut, Gottes Wirklichkeit in unserer Menschenwelt Raum zu geben.

Das heutige Evangelium lehnt sicherlich nicht jede Form materieller Fürsorge ab. Aber es fordert uns auf, darüber nachzudenken, wo unsere Prioritäten liegen.

Wie viel Zeit bringen wir auf für Karriere und Beruf, für Urlaub und Sport – und wie viel Zeit für Gott, für die Familie, für Menschen, die unsere Hilfe brauchen? Bemühen ich wir uns darum, unser Leben an Gott und seinen Geboten auszurichten? Oder spielt er nur eine Nebenrolle, weil man ja ab und zu doch ein wenig Trost und Zuspruch braucht? Leben wir so, als ginge es immer so weiter? Oder stellen wir uns unserer eigenen Sterblichkeit, etwa, in dem wir regelmäßig um eine gute Sterbestunde beten?

Das Ziel des menschlichen Lebens besteht nicht in der Anhäufung materieller Güter, sondern in der Gemeinschaft mit Gott und untereinander. Denn als Menschen sind wir auf Gemeinschaft hin angelegt, können wir nur in Gemeinschaft mit Gott und mit anderen ein wirklich erfülltes und damit glückliches Leben führen. Das dürfen wir als Christen bei aller berechtigten Sorge um unsere materielle Existenz nicht aus den Augen verlieren. Wenn wir erfüllt leben wollen, wenn wir wirklich glücklich werden wollen, dann muss es uns zuerst um Gottes Reich und seine Gerechtigkeit gehen. Alles andere wird sich dann finden.

Christ-Sein heißt, aus dieser Hoffnung leben. Wer sich darum bemüht, dem wird jene Sorglosigkeit zuteil, von der das Evangelium spricht: „Seht euch die Vögel im Himmel an. Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen.; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?“ Amen.

Kaplan Claus Bayer

Seitenanfang
© copyright    2008 WebMaster: Herbert Bauernfeind   webmaster@bauernfeind-web.de