Predigt vom 8. März 2009

St. Severin Garching

[Zurück zu Predigten/Sakramente] 
Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Verklärung und St. Franziska"
Predigttext

Patrozinium St. Franziska Romana
mit Radioübertragung im Deutschlandfunk/ Deutsche Welle
am 2. Fastensonntag 8.3.2009

Wie lässt sich nachvollziehen, was damals in der Verklärung Christi geschah und was den Jesus besonders nahestehenden Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes widerfuhr? Gibt es für diese außergewöhnliche Erfahrung einen Anknüpfungspunkt aus unserem eigenen Erfahrungsbereich?

Es wurde schon sehr früh in der christlichen Kunst Brauch, Christus, und später auch die Heiligen, mit einem Nimbus, einem Heiligenschein darzustellen. Der Sinn erschließt sich jedem ganz unmittelbar: Das innere Licht, das Licht von göttlicher Wahrheit, von Güte, Lauterkeit, Barmherzigkeit, von grenzenloser Liebe, von dem das Leben Jesu erfüllt war und von dem die Heiligen eine Abglanz in sich tragen, wird auf diese Weise gleichsam nach außen gekehrt und dem Betrachter sichtbar gemacht. Die Taborerfahrung der drei Apostel war wohl von genau dieser Art: für einen kurzen Augenblick brach jenes unbeschreibliche, göttliche Licht, das sonst unter dem Gewand eines oft sehr gewöhnlichen Alltags verborgen war, plötzlich und überwältigend hervor.

In etwas verhaltenerer Weise kennt vielleicht jeder von uns solche Augenblicke in der Begegnung mit einem besonderen Menschen, durch dessen leuchtende Augen hindurch ein inneres Licht, eine Lauterkeit sichtbar wird, die unmittelbar berührt, die einen mit Freude, bisweilen aber auch mit Scham über sich selbst zu erfüllen vermag.

Das heutige Patrozinium möchte ich zum Anlass nehmen, von einem Menschen, einer Frau zu erzählen, in der dieses innere Licht mitten in einem gewöhnlichen Leben ganz außergewöhnlich hell geleuchtet hat. Der große hl. Franz von Sales hat sie, die Ehefrau und Mutter einer achtköpfigen Familie und spätere Ordensfrau als „eine der größten Heiligen“ bezeichnet.

Zunächst ein kurzer Blick auf ihre Zeit. In der Gier nach Lebensgenuss und Sinnlichkeit stand das Rom des 14. Jahrhunderts unserer Zeit kaum nach. Die Stadt war ein Spielball mächtiger Adelsparteien, die ihre Fehden oftmals blutig austrugen. In diese Zeit hinein wurde Franziska de Bussi 1384 geboren. Eigentlich sehnte sie sich schon früh danach, in ein Kloster einzutreten. Aber der Wille der Vaters, dem sie sich auf den Rat ihres Beichtvaters hin beugte, stand dagegen, und so heiratete sie in jungen Jahren Lorenzo Ponziano. Bei den vielen gesellschaftlichen Verpflichtungen, Empfängen und Konzertveranstaltungen galt sie als sehr beliebte und charmante Dame des Hauses. Doch die Pracht des gesellschaftlichen Lebens war ihr mehr Last als Lust.

Die Besonderheit ihres darüber hinaus von der Sorge um die Erziehung ihrer sechs Kinder geprägten Alltags war die Betkammer, die sie sich in der Dachstube des Palazzo eingerichtete hatte. Jede freie Minute verbrachte sie hier betend und in inniger Verbundenheit mit Gott. Diese leidenschaftliche Liebe zu Gott entzog sie aber nicht ihren Mitmenschen; vielmehr erwies sie sich als echt gerade darin, dass sie immer wieder Zeit fand, ungezählte Gänge zu den hungernden und frierenden Armen der Stadt zu tun, die sie in verschwenderischer Weise beschenkte. Auch scheute sie sich in keiner Weise, Pestkranke in den Spitälern zu besuchen, zu pflegen und in den Tod zu begleiten.

Schwere Schicksalsschläge blieben ihr allerdings nicht erspart. In einem der Straßenkämpfe, die im damaligen Rom an der Tagesordnung waren, wurde ihr Mann schwer verletzt. Er musste flüchten, sein Haus wurde geplündert, das ganze Vermögen eingezogen und der älteste Sohn als Geisel nach Neapel entführt. Nacheinander starben Franziskas übrige Kinder an der Pest. Allein blieb sie im leer und düster gewordenen Palast der Ponziani zurück.

Doch anstatt an der Güte Gottes zu zweifeln und innerlich zu verzweifeln suchte sie nach Wegen, ihrem Leben eine neue Sinnrichtung zu geben. Sie fand einige Frauen und Mädchen der vornehmen Stände, die ihr bisheriges Leben aufgaben und sich um sie sammelten, um sich ganz dem Gebet und dem Dienst am Nächsten zu widmen und so die Nöte und Probleme in Rom erträglicher zu machen. Am 15. August 1425, dem Fest Mariä Himmelfahrt, vollzogen sie vor dem Gnadenbild in S. Maria Nuova die Weihe ihres Lebens an Jesus Christus und seine Mutter und begründeten damit die Genossenschaft der ‚Benediktiner-Oblaten’. Da Franziska durch die Ehe gebunden war, konnte sie sich der neuen Klostergemeinschaft noch nicht anschließen.  

Zudem wartete auf sie noch ein anderer wichtiger Auftrag. Jahrelange Verbannung hatten ihren Mann und ihren Sohn zutiefst verbittert. Als sie zurückkehren durften, sah sie es als ihre vordringlichste Aufgabe an, das Werk der Versöhnung zu vollbringen. Es brauchte unendliche Geduld, bis sie es vermochte, die beiden Männer dazu zu bringen, mit ihren Feinden Frieden zu schließen. Inzwischen war ihr Mann sterbenskrank geworden. Trotz aufopfernder Pflege seiner Frau siechte er langsam dahin. Nachdem er, von ihr in den Tod begleitet, gestorben war, hielt sie nichts mehr zurück, sich der von ihr gegründeten Schwesterngemeinschaft anzuschließen, die 1433 die päpstliche Approbation erhalten hatte. Es war das Jahr 1436. Barfuß und ohne Gürtel, also im Gewand einer Büßerin, bat sie um Aufnahme. Vier Jahre lang lebte sie nun ganz für Gott und die Armen der Stadt Rom. 

Am 3. März 1440 wurde sie an das Krankenbett des letzten ihr verbliebenen Sohnes Giovanni gerufen. Als sie am Abend zu Fuß ins Kloster zurückkehren wollte, zwangen sie Fieber und Mattigkeit, umzukehren. In dem Haus, das 40 Jahre hindurch Schauplatz der Höhen und Tiefen, der glücklichen und leidvollen Stunden ihres ehelichen Lebens gewesen war, ging sie nun auch dem Tod entgegen. Es war der 9. März, als sie an den Folgen einer Rippenfellentzündung starb. In der Kirche S. Maria Nuova – die heute auch S. Francesca Romana heißt – wurde sie bestattet. Dort sieht man sie bis heute im bräutlichen Gewand einer Nonne hinter einer Glasscheibe aufgebahrt. 

Franziska hatte einen ganz und gar vertrauten Umgang mit dem Himmel. Ihr sind viele Visionen geschenkt worden. Außerdem ist überliefert, dass sie ihren Schutzengel oft neben sich hat gehen und sie begleiten sehen und dass sie mit ihm gesprochen und von ihm Lehren und Weisungen empfangen hatte. Das ist der Grund, warum sie immer mit einem solchen Schutzengel dargestellt wird. So auch in Hochbrück, wo sie abgebildet ist mit einem schönen, festen und überaus klaren Blick; einem Blick, in dem sich ihre Art, irdische Probleme nüchtern, fest und entschlossen anzupacken genauso widerspiegelt wie die Klarheit und Schönheit des Himmels. 

Für jeden, der auch heute als ein Christ leben will, ist die hl. Franziska ein ausgesprochen schönes und nachahmenswertes Beispiel für die Verbindung von ehelichem und familiärem Alltag und einem intensiven Gebetsleben, von Hingabe an Gott und Hingabe an die anvertrauten Menschen, kurz: von gelebter Gottes- und Nächstenliebe. Das Licht des Berges Tabor leuchtet in dem Maß auch in uns und aus uns heraus, wie wir diese Liebe zu Gott und zu unseren Nächsten zu erlernen, einzuüben, zu leben versuchen.

 Pfr. Bodo Windolf

Seitenanfang
© copyright  2009  WebMaster: Herbert Bauernfeind   webmaster@bauernfeind-web.de