Predigt vom 13. Mai 2010 (Christi Himmelfahrt)

St. Severin Garching

[Zurück zu Predigten/Sakramente] 
Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"... damit ihr Hoffnung habt."
Predigttext

Christi Himmelfahrt 2010    13. Mai 2010

„… damit ihr Hoffnung habt.“

„… damit ihr Hoffnung habt“ – unter diesem Motto hat heute der 2. Ökumenische Kirchentag begonnen. Ich möchte einmal versuchen, eine Verbindung herzustellen zwischen diesem Kirchentagsmotto und dem heutigen Fest Christi Himmelfahrt.

Kein Mensch kann ohne Hoffnung existieren. Hoffnung ist der Motor unseres Lebens. Ein Mensch, der nichts mehr erhofft, der ohne jegliches Ziel lebt, nichts hat, nach dem er sich ausstrecken kann, ist lebend tot. Ohne Hoffnung verliert das Leben jeglichen Sinn, und so mancher besiegelt diese Hoffnungs- und Zukunftslosigkeit, indem er sich selbst vom Leben abschneidet. Jährlich sind es Tausende, die in unserem Land vorzeitig aus dem Leben scheiden, weil sie keine Hoffnung auf lebenswerte Zukunft mehr sehen.

Die Hoffnung ist vielgestaltig. Ich will sie einmal in ihren verschiedenen Dimensionen und Richtungen beschreiben. Zunächst gibt es die kleine, die alltägliche Hoffnung: die auf gutes Wetter, z.B. für den Ausflug oder das Gartenfest am Wochenende, die sich mal erfüllt und mal nicht. Die Hoffnung auf den Gewinn eines Wettkampfs, auf unfallfreie Fahrt. Schalke hat gehofft, endlich mal wieder deutscher Meister zu werden, aus der Sicht von Schalkefans (der ich früher einmal war) vergeblich, ganz zur Freude der Bayernanhänger, die nun sogar auf den Gewinn des triple hoffenhhoffen. Existentiell bedeutsamer ist die Hoffnung auf alles, was der Sicherung unseres Lebens dient: genügend Einkommen, Erhalt des Arbeitsplatzes, ausreichend Erholung von den Anforderungen des Berufes, und vieles andere mehr.

Neben diese Hoffnung, die sich auf das bezieht, was gewissermaßen unter uns ist, möchte ich die Hoffnung auf all das stellen, was sich mit uns gleichsam auf Augenhöhe befindet, also die Mitmenschen. Wir hoffen, dass die Beziehungen, in denen wir leben, gelingen; oder sich wieder einrenken, wenn es Auseinandersetzung und Streit gab; dass unsere Zuneigung oder Liebe erwidert wird; dass wir Anerkennung finden.

Aber auch auf uns selbst kann sich die Hoffnung beziehen: Erfolg zu haben, glücklich zu werden, ein besserer Mensch zu werden, diesen oder jenen Fehler abzustellen, u.v.m.

Alle diese Dimensionen der Hoffnung sind uns selbstverständlich und bestimmen bewusst oder oft auch unbewusst unser Leben.

Aber es fehlt noch eine Dimension, die in unserer Zeit unzähligen Menschen vollkommen abhanden gekommen ist, und diese Dimension oder Richtung erschließt uns das heutige Fest Christi Himmelfahrt, nämlich die Dimension der Zukunft über den Tod hinaus. Es erschließt die Richtung nach oben, also eine Hoffnung, die unseren Blick himmelwärts wendet.

Diese Dimension haben nicht nur ungläubige Menschen unserer Zeit verloren, sondern auch viele, die sich als gläubig bezeichnen würden. Es gibt auch unter theoretisch Glaubenden einen praktischen, einen gelebten Atheismus, bei dem Gott und die Zukunft des Himmels einfach nicht vorkommen. Christi Himmelfahrt könnten wir gerade für unsere Zeit als ein Fest deuten, an dem sich nicht der Himmel hinter dem entschwindenden Auferstandenen verschließt, sondern wo er gleichsam aufgerissen wird, damit wir durch ihn hindurchschauen auf das, was unsere letzte und tiefste Hoffnung ist: nämlich ewige, unausdenkbare Zukunft bei Gott. 

Christi Himmelfahrt will uns herausreißen aus der Zweidimensionalität eines Lebens, das flach und oberflächlich zu bleiben droht, weil man sich von der dritten Dimension einfach abgeschnitten hat.

Mancher mag einwenden: Haben wir da nicht wieder das alte Lied – Abwendung vom Diesseits, Vertröstung aufs Jenseits? Das aber ist kompletter Unsinn. Wer auf die rechte Weise auf das Jenseits hofft, wird gerade deswegen auch aufs Diesseits verwiesen. Wer so hofft, weiß, dass das letzte, das ewige Heil hier auf Erden und nirgends sonst gewirkt wird. Die Zeit der Bewährung findet hier statt. Nur hier auf Erden kann ich den Himmel gewinnen – aber auch verlieren.

Wie aber ist die Art von Hoffnung anzusehen, die sagt: Ich lebe wie ich will, letztlich ist mein Lebensstil egal, es kommen ja doch alle in den Himmel? Die mittelalterliche Theologie hat dieser Ansicht nicht den Namen Hoffnung gegeben, sondern sie Vermessenheit genannt. Deren Gegenpol ist die Resignation oder gar Verzweiflung. Beide Extreme sind zu verwerfen, denn jede wahre Hoffnung braucht ein Fundament, muss gut gegründet sein. Dies trifft aber auf die Vermessenheit nicht zu.

Ein letzter Gedanke: Die Hoffnung auf Himmel bringt die Hoffnung auf Erden ins rechte Lot. Das bedeutet: ich muss nicht mehr schon hier alles haben. Ich kann gelassener mit Enttäuschungen umgehen, weil ich weiß, dass noch viel Größeres auf mich wartet.

Christi Himmelfahrt will uns also die große Hoffnung schenken und macht zugleich die kleineren und größeren irdischen Hoffnungen nicht zunichte, gibt ihnen aber den rechten Stellenwert.

Pfr. Bodo Windolf

Seitenanfang
© copyright  2010  WebMaster: Herbert Bauernfeind   webmaster@bauernfeind-web.de