Predigt vom 20. März 2011

St. Severin Garching

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Prediger:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching 

Thema:

"Die Welt ein wenig heller machen"
Predigttext

2. Fastensonntag          2011    20. März 2011

Die Welt ein wenig heller machen

Wir sind es gewohnt, unsere Zeit sehr lichtvoll zu sehen und mit großem Stolz herauszukehren, wie aufgeklärt wir sind, wie human, wie fortschrittlich, wie welt- und naturbeherrschend aufgrund unserer Technologie, jedenfalls früheren Jahrhunderten weit überlegen. Vermutlich können wir recht froh sein, dass wir nicht wissen, was zukünftige Generationen einmal über unsere Zeit sagen und denken werden. Was aus unserer Epoche wird eingehen in das historische Gedächtnis der Menschheit – das tatsächlich Lichtvolle oder doch eher die dunklen Seiten unserer Zeit? Wird das 20./21. Jahrhundert vor allem auch in Erinnerung bleiben als Epoche der mörderischsten Kriege aller Zeiten? Als Epoche verruchtester Ideologien, in deren Namen Menschen geschunden, vergast, gefoltert und bestialisch ermordet wurden in einer Zahl wie nie zuvor? Als eine Zeit, in der man sich ebenfalls wie nie zuvor gegen den eigenen Nachwuchs gestellt und ihn schon vor der Geburt umgebracht hat? Als eine Zeit, in der man innerhalb weniger Generationen die in Jahrmillionen angesammelten Energiereserven der Erde verbrannt und verschleudert hat? Als eine Zeit, in der man wie nie zuvor Massenwohlstand erreicht hat, freilich zu großen Teilen schuldenfinanziert auf Kosten der nachfolgenden Generationen? Als Zeit der Atomtechnologie, die zunächst Zukunftstechnologie, dann Brückentechnologie und schließlich Katastrophentechnologie wurde – jedenfalls eine Technologie, deren tödlicher Giftmüll noch über Jahrtausende hinweg unsere Nachkommen beschäftigen und belasten wird?

Selbstverständlich will ich damit nicht sagen, dass es nur Finsteres gebe in unserer Zeit. Dennoch vermute ich, dass unsere Zeit in der Rückschau sehr viel finsterer gesehen werden wird, als wir uns in unserem weithin gottlos gewordenen Übermut selber sehen. Wir halten uns für so unglaublich aufgeklärt, meinen, alles im Griff zu haben, um immer wieder festzustellen, wie jämmerlich wir scheitern, individuell wie auch global, wie sehr wir immer wieder an Grenzen kommen, uns Dinge entgleiten. Immer wieder könnten wir entdecken, dass wir eben nicht „wie Gott“ sind, dass wir allen Grund hätten, „kleine Brötchen“ zu backen, bescheiden zu werden, biblisch gesprochen: umzukehren zu dem Gott hin, an dessen Stelle wir uns so gerne setzen.

Was wäre zu tun? Die Lesungstexte des 2. Fastensonntags geben einige Hinweise:

Uns allen ist bewusst: Niemand von uns wird die ganze Welt retten, aber das wird auch von keinem von uns verlangt. Wo aber jemand sagt: Ich sehe den Sinn meines Lebens darin, an dem kleinen Ort, an dem ich lebe, arbeite, Verantwortung trage, nicht in erster Linie mein eigenes Scherflein ins Trockene zu bringen – etwa nach dem Motto: Hauptsache ich hab` was davon, und nach mir die Sintflut; so eine immer widerlicher sich ausbreitende Haltung in der Wirtschaft, bei Banken, in Teilen der Politik und bei vielen Privatpersonen. Vielmehr will ich da, wo ich lebe, die Welt ein wenig besser, wärmer, lichtvoller, menschlicher, gottgefälliger machen. Ich will durch mein Leben ein wenig von Gottes Licht in diese unsere Welt hineinleuchten lassen – da tun wir, worauf es ankommt.

Ein Beispiel ist die Gestalt Abrahams, von dem wir in der 1. Lesung gehört haben. Mit ihm beginnt die Heilsgeschichte. Gott setzt nicht auf eine große Masse von Menschen, sondern zunächst auf einen Einzigen. Das Heilswerk Gottes beginnt unendlich klein, mit einem Menschen, der bereit ist, sein ganzes Leben auf Gott zu stellen. Er muss auswandern aus der Sippe, der Heimat, den Göttern, den Gewohnheiten seiner Heimatstadt. Dieses Auswandern ist in einem geistlichen Sinn auch von uns verlangt. Der wahre Christ kann sich nicht einfach anpassen an all das Übliche unserer Zeit. Er muss in mancherlei Hinsicht innerlich ausziehen, sich distanzieren von den Götzen unserer Zeit: dem Materialismus, der Genusssucht, dem Egoismus, der Gier nach immer mehr, der oberflächlichen Gedankenlosigkeit, etc., Götzen, die auf Dauer einfach nur eine große innere Leere hinterlassen. Abraham, der weggezogen ist, wurde so zum Segen für alle Geschlechter dieser Erde, so hieß es im Lesungstext. Wer Gott selbstlos dient, aus ganzem Herzen, dessen Leben wird zum Segen nicht nur für sich selbst, sondern für unzählige andere.

Die 2. Lesung beginnt mit dem Satz: „Mein Sohn! Leide mit mir für das Evangelium!“ Keiner von uns leidet gern. Aber Leid gehört zum Leben: eigenes und das unzähliger anderer. Wie gern zerstreuen wir uns, lenken uns ab, um vor eigenen Verwundungen zu fliehen oder die der anderen nicht sehen zu müssen Die Sensibilität für die eigenen Wunden und die Wunden anderer – seelische Verletzungen, Wunden des Versagens und der Schuld – nur wer dafür einen Blick hat, kann auch heilen, helfen zu heilen, Glück dahin bringen, wo Unglück ist.

Schließlich das Evangelium, das uns von einem Augenblick höchsten Glücks erzählt. Das innere Licht, das in Jesus ist, das verborgen ist unter der Alltäglichkeit eines ganz gewöhnlichen menschlichen Lebens, bricht sich Bahn nach außen und wird für eine kurze Zeit den leiblichen Augen der Jünger sichtbar. Dieses Glück der unmittelbaren Erfahrung göttlicher Nähe (so mancher von uns wird sich vielleicht auch an solche Augenblicke erinnern) möchte man so gerne festhalten. Hütten wollen sie bauen, die Jünger. Aber sie werden eines Besseren belehrt: solche Augenblicke sind Geschenk, nicht machbar, nicht organisierbar, vielmehr unverhoffter Einbruch Gottes in die Gleichförmigkeit unseres Alltags; geschenkt, dass wir uns daran erinnern, daraus Kraft schöpfen für unseren Alltag; geschenkt, nicht dass wir sie festhalten, sondern dass wir uns an ihnen festhalten, wenn sie vergangen sind. Das kann nur heißen: von dort, vom Berg der Verklärung, vom Berg des Lichtes, vom Berg des ungetrübten Glückes müssen sie hinunter in die Niederungen des Alltags. Wie bei den Jüngern ist auch für uns hier der Ort der Bewährung, der Ort der täglichen Kämpfe, der Ort, dieses göttliche Licht gegenwärtig zu machen durch unser Leben.

Dass uns das gelinge, jedem von uns an seinem Platz: die Welt ein wenig heller zu machen, das ist mein Wunsch für uns alle.

Pfr. Bodo Windolf

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