Radio-Impulse für Radio Horeb vom 6. Juni 2007

St. Severin Garching

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Im Bild:
Pfarrer Bodo Windolf,
St. Severin Garching
(bei der Firmung am 20.04.2007)

Radioimpuls vom 6. Juni 2007 
"Fronleichnam"

Impuls in Radio Horeb vom 6.6.2007
Fronleichnam

Große Teile der Welt blicken in diesen Tagen nach Heiligendamm, auf die Versammlung der G 8, und man wartet mit Spannung und Sorge, ob es zu einvernehmlichen und vor allem auch wirksamen Vereinbarungen zum Klimaschutz kommen wird. Über dieser Frage ist ein anderes wichtiges Thema, nämlich das der Armutsbekämpfung vornehmlich in Afrika, ein wenig in den Hintergrund getreten. Am 16. Dezember des vergangenen Jahres hatte Papst Benedikt einen Brief an die Bundeskanzlerin geschrieben, in dem er dieses Thema als eines der wichtigsten unserer Zeit bezeichnete und sie bat, all ihren Einfluss daran zu setzen, dass – ich fasse den Inhalt in einem Schlagwort zusammen – aus der Globalisierung der Wirtschaft auch eine Globalisierung der Solidarität wird. Er fordert darin den vorbehaltlosen Zugang der armen Länder zu den Märkten auch der reichen Länder, die Einlösung der Versprechen hinsichtlich der Entwicklungshilfe, Schuldenerlass und Schuldenprävention in Bezug auf die am wenigsten entwickelten Länder, medizinische Hilfe bezüglich v.a. Aids, Tuberkulose und Malaria, Verringerung des legalen und illegalen Waffenhandels, Bemühungen zur Eindämmung von Geldwäsche und Korruption. Dabei vergisst er nicht zu erwähnen, dass die Regierungen der armen Länder in der Pflicht zu dem stehen, was mit dem Schlagwort „good governance“ bezeichnet wird. Mit seinem Schreiben mahnt der Papst, jene Selbstverpflichtungen nun auch einzulösen, die man in Bezug auf die weltweite Armutsbekämpfung bei früheren Treffen eingegangen ist und zu großen Teilen noch bei weitem nicht erreicht hat. Er erinnert daran, dass Reichtum die „unbedingte moralische Verpflichtung“ der Solidarität mit den Armen beinhaltet. Wenn man so will, betätigt Papst Benedikt sich hier als Befreiungstheologe, also mit einer Befreiungstheologie, wie sie kirchlich ganz und gar gedeckt ist.

Während der Tage des Gipfeltreffens feiern wir Katholiken global, also weltweit, das Hochfest „Fronleichnam“. Kann hier ein Zusammenhang hergestellt werden?

Wenn wir bedenken, was und wer und welches Zeichen im Mittelpunkt des Fronleichnamfestes steht, können wir sehr schnell eine Verbindung herstellen. Im Abendmahlssaal, am Vortag des Justizmordes an Ihm, hatte Jesus der Kirche Seine bleibende Gegenwart im Zeichen eines Stückchen Brotes geschenkt. „Das – dieses Brot, das ich in Händen halte und über das ich gebetet habe – ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“ Dass Jesus gerade dieses Zeichen und kein anderes wählt, also ein Grundnahrungsmittel, in dem und durch das Er den Seinen sich selbst leibhaft und personal schenkt, muss bedeutsam sein zum wahren Verständnis des eucharistischen Geheimnisses.

Ursprünglich war das eucharistische Herrenmahl verbunden mit einem Sättigungsmahl. Das heißt, bevor man die Eucharistie feierte, kam die ganze Gemeinde, also Arm und Reich, zusammen, um miteinander zu speisen. So jedenfalls hören wir es aus Korinth. Doch was sich da im Verlauf der Zeit einschlich und was auch Paulus, dem Begründer der korinthischen Gemeinde, zu Ohren kam, war alles andere als erbaulich. So schreibt er: „Was ihr bei euren Zusammenkünften tut, ist keine Feier des Herrenmahles mehr; denn jeder verzehrt sogleich seine eigenen Speisen, und dann hungert der eine, während der andere schon betrunken ist“ (1 Kor 11,20f). Was ursprünglich hier ganz eng zusammengehörte – die gemeinsame Sättigung zunächst mit dem „Brot des Leibes“, das man natürlich miteinander teilte, und anschließend die Sättigung gleichsam mit eucharistischen „Brot der Seele“ – das war hier vollkommen pervertiert. Die Gemeinschaft in der Eucharistie, die die Schranken zwischen Arm und Reich, zwischen Hoch und Nieder, zwischen Freien und Sklaven, zwischen Mann und Frau niederlegen und alle in Christus eins machen sollte, war im Vorfeld zu einer Veranstaltung geworden, die die Kluft unter den Teilnehmenden eher vertiefte als aufhob. In der Konsequenz führte das dazu, dass Sättigungsmahl und eucharistisches Mahl voneinander getrennt wurden.

Doch war das eine Lösung des hier sichtbar werdenden Problems? Nein, denn die ursprüngliche Praxis hatte einen letztlich unaufgebbaren Zusammenhang deutlich gemacht: Wer Eucharistie feiert, kann nicht einfach nur im eigenen Reichtum schwelgen und den armen Bruder und die arme Schwester neben sich, mag sie ihn sehen oder nicht, hungern lassen. Die Feier des Brotbrechens, wie das Herrenmahl im Neuen Testament auch genannt wird, in der das „Brot des Lebens“ gebrochen und ausgeteilt wird, nein: in der der Herr selbst, Christus, sich austeilt als das Brot des Lebens – hat zur inneren Konsequenz, auch das Brot des Leibes mit dem Hungernden zu teilen. Wer das nicht tut, feiert nicht Eucharistie, sondern eine Perversion dessen, was Jesus im Sinn hatte, als Er uns dieses unendlich kostbare Sakrament Seiner Gegenwart schenkte. Der Liebesjünger Johannes, der von allen Aposteln Jesus wohl am tiefsten verstanden hatte, drückt es in einem seiner Briefe so aus: „Daran haben wir die Liebe erkannt, dass er sein Leben für uns hingegeben hat. So müssen auch wir für die Brüder das Leben hingeben. Wenn jemand Vermögen hat und sein Herz vor dem Bruder (und der Schwester) verschließt, der in Not ist, wie kann die Gottesliebe in ihm bleiben? Meine Kinder, wir wollen nicht mit Wort und Zunge Lieben, sondern in Tat und Wahrheit“ (1 Joh 3,16-18). Der hl. Augustinus kommentiert diese Stelle, dass „der selige Apostel Johannes uns“ mit diesen Worten „ganz deutlich das Geheimnis des Abendmahls hat erklären wollen“ (zit. nach Cantalamessa, Eucharistie, 129).

Christus, der im Abendmahlssaal vom Brot gesagt hat: Das ist mein hingegebener, für euch in den Tod gegebener Leib, sagt dasselbe über die Armen: Was ihr den Hungernden, den Dürstenden, den Kranken, den Gefangenen, den Nackten getan habt, das habt ihr mir getan. Natürlich ist die Identifikation Jesu mit den Armen eine andere Weise der Identifikation als die mit dem eucharistischen Brot. Aber entscheidend ist, dass es zwei Weisen der Identifikation sind und daher beide untrennbar zusammengehören. Vielleicht hat in unserer Zeit das niemand so begriffen wie Mutter Theresa aus Kalkutta, die zutiefst aus der Eucharistie lebte und wusste, dass sie in den Leibern der Geschundenen, der Sterbenden, der Ärmsten Christus selbst berührte.

Eucharistie feiern, Christus in der heiligen Kommunion empfangen und zugleich das Herz und auch das Portemonnaie vor dem Mitmenschen zu verschließen, geht nicht zusammen. Und es muss ein großzügiges Geben sein, nicht nur ein paar Brosamen vom eigenen Überfluss, sondern es darf, nein, es soll auch ein wenig weh tun, spürbar für einen selbst sein. Biblisch wäre z.B., wenn es möglich ist, den Zehnten zu geben; oder in etwa das, was ich für mein persönliches Vergnügen ausgebe. Globalisierung der Wirtschaft muss zur Globalisierung der Solidarität werden, habe ich anfangs gesagt. Das gilt nicht nur für die anderen da oben, sondern für jeden einzelnen auch von uns.

Wobei klar ist, dass das Brot des Leibes teilen etwas sehr Vielfältiges ist, also alles beinhaltet, was ich an Zeit, Einsatz und Zuwendung denen schenke, deren Not ich zu lindern versuche.

Eucharistie ist ein Geheimnis innigster Gemeinschaft mit Gott, mit Jesus Christus, das in sich das Geheimnis der Gemeinschaft und Solidarität mit allen Mitmenschen einschließt. Nur wer Eucharistie so versteht und so lebt, versteht sie richtig und lebt wahrhaft aus ihr.

In diesem Sinn segne Sie, liebe Hörerinnen und Hörer am Radio sowie alle zum G 8-Gipfel versammelten entscheidungsträger der Dreieinige Gott, der Vater …

Pfr. Bodo Windolf

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